Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)
Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805
Tagebueliblätter aus dem Jahre 1805. 515 so dass jenes Nr. 5 als Stützpunkt für den linken Flügel galt und das Lager zwischen diesem und dem Dorfe Nedweis etablirt war. Die gesummte Cavallerie kam ä ckeval der Chaussee von 011- sclian, gleichsam im Centrum, zwischen den Küssen und Österreichern zu stehen. Die Russen bildeten den rechten Flügel, welcher sich bis gegen Skalow ausdehnte. Dies Alles war in einem ausführlichen, dom Obersten Weyrother zugekommenen Plane enthalten. Bevor noch die russische Ilauptarmee sammt ihrer Garde anlangte, erfuhr man schon, dass Kaiser Alexander nach Olmütz kommen werde. Unsere kaiserliche Majestät fuhr demselben auf eine Station weit entgegen. Ihr Zusammentreffen soll nach Aussage mehrerer Leute sehr rührend gewesen sein; es soll sich nämlich Alexander, nachdem sich Beide embrassirt, geäussert haben: „Nun sind wir vereint, und kein Mensch wird uns trennen, bis wir nicht vollkommen über diesen ruchlosen Feind gesiegt haben!“ Beide Monarchen küssten einander abermals und standen ihnen die Thränen in den Augen. Sodann soll unsere Majestät dem russischen Kaiser seinen Wagen offerirt haben, in welchem sie unter grossem Jubel des Publicums in Olmütz ein trafen, wo eine grosse Illumination stattfand. Am 23. erhielt der damalige Oberst Macdermotte des General stabes von dem Interims-Quartiermeister General Grafen Bubna den Befehl, ungesäumt auf dem linken Flügel geeignete Punkte für Brücken über die March aufzusuchen und nach Befund dieselben sogleich errichten, ebenso auch die erforderlichen Communicationen mit dem Lager hersteilen und mittelst Strohwischen ausstecken zu lassen; was tliatsächlich auch vollzogen wurde. Unterdessen traf von den Russen eine Colonne nach der anderen in grossen Massen ein, bis endlich gegen Mittag Prinz Constantin ungefähr mit 10 Bataillonen Garde-Grenadieren, 4 Compagnien Jäger und 18 Escadroncn theils Carabiniers, theils Huszárén, alle von den aus erlesensten Truppen, ankam. Man muss selben die Gerechtigkeit widerfahren lassen, dass sie in Olmütz bei ihrem Durchmärsche in’s Lager nicht nur wegen ihres schönen grossen Wuchses, sondern auch ob ihrer vortrefflichen Adjustirung grosses Aufsehen erregten. Hingegen ist zu bemerken, dass ihre Generale und Stabsofticiere, ja sogar ein grosser Theil ihrer jungen, neu creirten Officiere nach jedes maligem Einrücken das Lager verhessen und, wo möglich, in dem Orte des Hauptquartiers oder in den umliegenden Ortschaften eigenmächtig sich einquartierten. Jeder dieser Officiere hatte eine kleine Suite, entweder von Kosaken oder von Mannschaft anderer Truppen bei sich, theils zur Bewachung, theils um sich von derselben Victualien mit Gewalt herbeischaffen zu lassen. Bei dieser Gelegenheit übernahmen sich diese Menschen in be- dauernswerthester AVeise gegen unsere armen Unterthanen, indem sic Mittheilungen des k. lc. Kriegs-Archivs. 1881. 56