Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805

Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805. 511 die Meldung über mein Einrücken. Derselbe empfing mich besonders gnädig und sagte: „Mein lieber Major, ich babe Sie sammt Ihrem Bataillon für verloren gehalten.“ Ich erwiderte ihm, dass ich wohl über mehrere Vorfallenheiten zu rapportiren hätte, jedoch dies aus dem Grunde unterlassen müsste, weil meine sehr abgemattete Truppe ohne Brod und ohne Feldrequisiten sei, auch nicht noch länger ohne Verpflegung sein kann, da sie sonst zu Grunde gehen müsste. FML. Kolowrat gab mir zur Antwort: „Mein lieber Freund, für jetzt kann ich Ihnen nicht helfen, denn das Corps muss auf die Anhöhen von Hohenleiten weiter marschiren.“ Unter diesen Umständen erübrigte mir nichts Anderes, als mit meinem Bataillon, trotz der Ermüdung desselben, wieder aufzubrechen. In Hohenleiten angelangt, nahm das Corps auf den Anhöhen daselbst in zwei Treffen Aufstellung, die Reserve-Artillerie ohne Be­spannung verblieb am Fusse der Anhöhen. Als um 8 Uhr von den Vorposten und Patrullen die Meldung eingelaufen war, dass von Wien aus auf der Strasse gegen Korneuburg noch immer feindliche Colonnen sich im Marsche befinden, jene Colonne aber, welche bei Spitz lagert, ganz ruhig sich verhält und noch fouragirt, wurden die Brigaden mittelst Avisozettels zum Abkochen befehligt. Sämmtliche Bataillone der Brigade General-Major Bolza mussten dem Kerpen’schen. 6. Bataillon mit Kochkesseln und Casserollen aushelfen. Während dieses geschah, rückte mein Lieutenant Mayer mit seinem Piket, welches in den Korneuburger Auen zurückgeblieben war, zu meinem grössten Erstaunen ein. Ich liess mir sogleich von ihm die Vorfallenheiten genau rapportiren, um diese sammt meinen factis dem Interims-Corps-Commandanten vorzutragen. Der genannte Lieutenant sagte, dass er von meinen an ihn geschickten Befehlen nur Einen, und selbst diesen schon zu spät erhalten habe, da die Feinde, die an der Donau an unseren Pikets von Spitz heraufmarschirten und auch schon auf seinem Posten angelangt waren, ihn erst gegen 2 Uhr nach Mitternacht wegliessen, von wo er sodann auf der geradesten Linie liieher abrückte. Der genannte Officier meldete ferner, dass diese französische Colonne aus mehreren Frei­corps bestand, deren Äusseres merkwürdig war. Einer ihrer Officiere ritt, zum Zeichen des freundlichen Willkommens, ein weisses Tuch mit der Hand schwenkend, gegen die ausgestellten Pikets und Vor­posten, diesem folgten auf 100 Schritt die Hauptposten der Colonne, hinter welchen ein halbes Dutzend Freudenmädchen von Wien nebst den Stabs- und Ober-Officieren zu Pferde kamen. Diese Mädchen hatten Weinkrüge in der Hand und tranken unseren Leuten auf den Pikets und Posten Freundschaft zu. Ein Gleiches geschah auf seinem Piket; mit einem Worte, es sah einem bachanalischen Feste der

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