Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805

Tagebuchblätter aus dem Jahre 1805. 503 Weisung ertheilt, dass er sich nach der eben mitgetlieilten Convention bis auf Weiteres richten möge. Nun ersuchte mich der französische Officier, meine aufgefahrene Kanone von der Strasse wegführen zu lassen, damit durch solche der anrückenden Avantgarde kein Misstrauen eingeflösst werde; auch möchte ich mein Bataillon entweder eine Paradeaufstellung nehmen oder die Mannschaft in ihre Quartiere einrücken lassen, oder aber nach Wien abmarschiren; nur möchte ich die Strasse so frei halten, dass die französische Colonne in ihrem Marsche nicht aufgehalten werde. Bevor er mich verhess, stellte er noch die Frage, ob er noch mehr österreichische Truppen bis Krems antreffen würde? — Ich bejahte es, worauf er seinem Pferde die Sporen gab, und mit den Worten: Par Dieu, quel malheur! im Carriére davonsprengte. In diesem Augenblicke kam auch schon die Avantgarde der feindlichen Cavallerie auf der Strasse von Lang-Enzersdorf im Galop angerückt; zu gleicher Zeit zog am Donau-Ufer eine Infanterie-Colonne lärmend gegen unsere Vorpostenketto heran. Auf dieses liess ich mein Bataillon, um der feindlichen Colonne nicht den Weg zu sperren, rechts der Strasse auf den Feldern auf- marschiren und wollte die zuerst ankommenden Generale mit allen Ehrenbezeugungen empfangen. Nun kam etwa eine halbe Escadron Mameluken zu Pferde, hier­auf der Marschall Lannes, dem man es ansah, dass er nicht voll­kommen nüchtern war, mit noch einigen Generalen und Officieren vom Generalstabe. Der Marschall fragte meinen Adjutanten mit barscher Stimme, wie stark die Truppe sei. Ich fiel ihm aber sogleich in’s Wort und erwiderte: 2000 Mann, worauf er die Front übersah und da diese, nur aus zwei Gliedern bestehend, sich ziemlich weit ausdehnte, dieser Angabe in seinem Rausche Glauben schenkte und sagte: „Ja, die Co­lonne ist stark!1' Gleich darauf fragte er, ob die Russen noch weit entfernt wären? Ich sagte „nicht sehr weit“; hierauf „wie stark ich wohl glaube, dass ihre Anzahl wäre, denn er müsse sie noch vor Tagesanbruch über­fallen“. Ich entgegnete ihm: ihre Stärke möge wohl gross sein, da so­eben neue Colonnen von mehreren tausend Mann und so fort successive von Tag zu Tag nachgerückt kämen. Er wendete sich an seine Suite und sprach zu ihr etwas leise, was ich nicht verstehen konnte. Dann unterhielt er absichtlich ein Gespräch mit mir, um meine Aufmerksamkeit abzulenkcn, damit ich die Stärke seiner vorbeidefilirenden Cavallerie nicht abschätzen könne, und sagte meinem Adjutanten, er möchte mich fragen, ob mein Reit­pferd zu verkaufen wäre. Ich wies dieses Ansinnen mit den Worten zurück: Um keinen Preis, da ich es selbst brauche. Er bot mir dafür

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