Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - IV. Der Feldzug 1739 und der Friede von Belgrad

IV. Der Feldzug 1739 und der Friede von Belgrad. 477 noch Schuld trage, und dass Wir endlich zu seiner Zeit, was die Gerechtigkeit erheischen möchte, vorzukehren nicht ermangeln würden“. Nach der Übergabe Belgrads zeigte es sich erst um so augen­scheinlicher, wie wenig Anlass zu einem so schmachvollen Vertrage in den Umständen selbst geboten war. Die kaiserliche Hauptarmee stand, ungerechnet der in Peterwardein angelangten Ergänzungen aller Art, mit 26.372 Streitbaren bei Sémiin; Belgrad hatte eine Be­satzung von 11.390 Dienstfähigen unter einem energischen Comman- danten und war, wie die detachirten Werke bei Borcza und auf der Donau-Insel, in einem so guten Vertheidigungsstande, dass Neipperg, als er am 1. September die Festung betrat, die Äusserung nicht unterdrücken konnte: er würde sich nicht zum Frieden haben bringen lassen, wäre er von den Verhältnissen in Belgrad in besserer Kenntniss gewesen'). Dagegen waren die Belagerer am Tage des Beginnes der Demolirung mit den äussersten Spitzen ihrer Approchen noch 400—600 Schritt von der Enceinte entfernt; die Türken litten nicht minder unter dem Einflüsse der Krankheiten, als durch Mangel an Proviant, insbesondere Fourage, und es herrschte unter ihnen eine sehr aufgeregte Stimmung, die es dem Grossvezier schwer gemacht haben würde, noch lange vor Belgrad auszuharren, noch weniger aber es auf die zweifelhaften Chancen eines Hauptsturmes ankommen zu lassen. Indess konnten derlei Reflexionen den Verlust nur schmerzlicher machen, ohne ihn abzuwenden. Der Würfel war nun einmal gefallen und es erübrigte daher auch nichts Anderes, als die Consequenzen hin­zunehmen. Am 18. September wurde der Friedenstractat im Zelte des Grossveziers unterschrieben und unmittelbar darauf trat die türkische Armee den Rückmarsch an; nur ein kleines Corps unter dem Pascha von Rumelien blieb bei Belgrad stehen. Auch die kaiserliche Armee ging in die Wintei’quartiere, nachdem die Besatzung von Belgrad auf 5000 Mann herabgesetzt worden war. Längere Zeit nahm begreiflicherweise die Ausführung der Friedens-Stipulationen in An­spruch: die Schleifung Belgrads, am 3. September begonnen, konnte erst am 28. Mai 1740 vollständig beendet werden, worauf am 7. Juni auch das Schloss den Türken übergeben wurde. Auch was der Kaiser in seinem Circular-Rescripte vom 19. Sep­tember verheissen hatte: der Gerechtigkeit ihren freien Lauf zu lassen, ging, so weit es in seiner Macht stand, in Erfüllung. FML. Succow wurde „wegen seiner gethanen tapferen Defension der Festung Belgrad und erworbenen Verdiensten das General-Commando *) *) Diese Worte klingen sonderbar, wenn man erwägt, dass Graf Neipperg Zeuge der tapferen Vertheidigung war und sich auch am 18. August persönlich von dem Zustande Belgrads überzeugte.

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