Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - II. Der Feldzug von 1737

II. Der Feldzug von 1737. 329 Das Gefürchtete traf nur zu bald ein. Am 9. October forcirten die Türken Passo Augusto; die Verbindung mit Nissa war unter­brochen, der Platz dem Anstürme eines weit überlegenen Feindes preisgegeben. Bemerkenswerth ist, in welcher Weise Feldmarscliall Seckendorf diesem Schlage zuvorzukommen gedachte. Auf seinen die Situation beleuchtenden Bericht erhielt Feld­marschall Khevenhüller aus dem Armee-Hauptquartiere den Befehl, mit Zurücklassung alles Trains und der Kranken in Eilmärschen über Gradistje und dann die Morava aufwärts nach Bavna zu mar- schiren und unterwegs die in Passarowitz stehenden 4 sächsischen Bataillone an sich zu ziehen. Bevor er noch in Ravna, wo General Chanclos mit 6 Bataillonen und 4 Cavallerie - Regimentern stehe, eintreffen würde, käme auch Graf Styrum mit anderen 4 Regi­mentern zu Pferd dahin, und sobald man dann über die wahre Stärke und Absicht des Feindes genaue Kenntniss hätte, würde auch Seckendorf mit dem grössten Theile der Hauptarmee sich nach Ravna wenden, um durch die Behauptung dieses Ortes die Verbindung Nissa’s mit Belgrad zu sichern. Khevenhüller möge kleine Schiffe und Brücken- geräthe von Gradistje mitnehmen, um bei Ravna einen Übergang über die Morava herzustellen. Es handle sich nur um 14 Tage, dann sei alle Gefahr und Beschwerlichkeit vorüber. Wenn die Unausführbarkeit und Nutzlosigkeit dieser Disposition schon von selbst einleuchtet, so fand Khevenhüller um so weniger einen Grund, sich ihr zu accommodiren, als kurz zuvor die Mittheilung von der Abberufung Seckendorfs aus Wien eingetroffen war. Es traten im Gegentheile nun all’ die Schärfen unverhüllt zu Tage, die das Verhältniss der beiden Fel dinar schalle vom Anfänge her in sich barg. In rücksichtsloser Weise legte Khevenhüller sowohl dem Hof- kricgsratlie als Seckendorf gegenüber die Schwächen der ihm zuge­sandten Disposition bloss. Entferne er sich von der Donau, so gebe er nicht blos das gesummte noch auf den Schiffen bei Kladova stehende Artillerie-Material, die Kriegsschiffe und Brücken, sowie die massenhaften noch auf der Donau schwimmenden Proviantvorräthe dem Feinde preis, sondern mache ihn zum unumschränkten Herrn beider Donau-Ufer, Orsova’s und Belgrads. Abgesehen aber von all’ dem, seien bis Ravna 14 starke Märsche, die er, sobald er sich von der Donau entferne, wegen Mangels an Fuhrwerk ohne Proviant und Fourage zurücklegen müsste. Habe nun der Feind, wie es zweifellos sei, schon am 9. Passo Augusto forcirt, so stand er zu jener Zeit nur 4 — 5 Märsche von Nissa, und müsse also der Schlag, den man pariren wolle, schon längst gefallen sein; am allerwenigsten aber könne man hoffen, ihn durch solche Massregeln wie die angeordneten aufzuhalten. 23*

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