Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Moriz v. Angeli, Major im k. k. Kriegs Archive: Der Krieg mit der Pforte 1736 bis 1739 - I. Die Ereignisse im Jahre 1736

I. Die Ereignisse im Jahre 1736. 257 Weise verpflichtet werde, seine Eroberungen nur gegen Osten zu machen. Offen allerdings durfte dieser Gedanke nicht ausgesprochen werden; ungeachtet der Beharrlichkeit, mit der Russland seihst auch nur jeder Andeutung über seine politischen Ziele aus dem Wege ging, musste das gerechte Misstrauen verschleiert werden, um sich nicht der Gefahr völliger Isolirung . auszusetzen, denn „Graf Ostermann würde hoch anzuziehen nicht ermangeln, dass zu einer Zeit, wo man mit der Hilfeleistung diesorts säume, der Czarin nicht einmal jene Vortheile vergönnt werden wollten, welche sie sich selbst zu ver­schaffen wusste, und man lieber den Türken als einen so standhaften Bundesgenossen zum Nachbar haben wollte“ l). Da das natürlichste und beste Mittel: sich der Moldau und Walachei noch vor Ankunft der Russen zu bemächtigen, einerseits in Folge der mangelnden Kräfte nicht ergriffen werden konnte, anderseits aber das politische Ziel eines eventuellen Krieges nicht an der Donau, sondern an der Adria und in der Richtung gegen Saloniclii gesucht wurde, so erübrigte nur, mit Russland eine Vereinbarung über die gemeinsamen Operationen in solcher Form zu schliessen, die es in bestimmte Grenzen zwang und schon im Voraus die Ziele festsetzte, über welche keiner der beiden Theile hinaus gehen dürfe. In diesem Sinne war die Erklärung abgefasst, welche am 23. Mai dem russischen Geschäftsträger in Wien, Freiherrn v. Lanczinsky, zu- gcstellt wurde. Der Kaiser erklärte darin seine Bereitwilligkeit, den übernommenen Verpflichtungen in vollem Umfange nachzukommen, jedoch werde er vorerst der Pforte nochmals seine guten Dienste anbieten und denselben durch Concentrirung einer imposanten Macht in Ungarn den nöthigen Nachdruck geben. Erst wenn dies fruchtlos sein sollte, würde er den gewünschten Zweck mit Gewalt der Waffen erzwingen, jedoch nur dann, wenn Russland in der Lage sei, die kaiserliche Armee in allen Fällen zu unterstützen, damit nieht etwa der Kaiser die ganze Last des Krieges zu tragen habe; es sollte ferner keiner der Alliirten berechtigt sein, ohne Zustimmung des andern Frieden zu schliessen, und zwar sollte der Kaiser auch in dem Falle gleichberechtigt mit Russland seine Bedingungen am Friedens-Congressc stellen können, als seine Mitwirkung nicht über die „bons offices“ hinausreichte; endlich wurde auch die Festsetzung eines gemeinsamen Operations-Planes als unerlässlich bezeichnet. Russland, damals im Zenith seiner Triumphe in der Krim, ver­harrte jetzt um so mehr in seiner Zurückhaltung. Die Antwort des Grafen Ostermann vom 12. Juni umgab eben die wichtigsten Fragen mit einem ungewissen Dunkel. Er sprach sich nicht darüber aus, ob Russland seinerseits die dem Defensiv-Bündnisse entsprechenden „guten ') Vortrag an don Kaiser; wie oben.

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