Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs (1881)

Kriegshistorische Forschungen in den Archiven der österreichisch-ungarischen Monarchie

236 Kriegshistorische Forschungen in den Archiven der österr.-nng. Monarchie. Auch das k. k. Kriegs-Archiv schloss sich diesem Streben an. Es trachtete, ausgebreitete Kenntniss über das Acten-Materiale frem­der Archive zu erlangen und liess zu diesem Zwecke im Jahre 1874 vorerst eine Übersicht der in Wien befindlichen Archive und ihrer Bestände mit Rücksicht auf militärische Geschichtsschreibung verfassen. Die Direction des Kriegs - Archives richtete sodann den Blick nach auswärts, denn es unterlag keinem Zweifel, dass nicht nur die Registraturen der General-, Militär- und Festungs-Commanden, sondern auch die Statthalterei-, sowie die Landes-, Städte- und Klöster-Archive für die Kriegsgeschichte höchst werthvolles Materiale an Urkunden und Acten enthalten mochten. Von ganz besonderer Wichtigkeit mussten die Archive jener altadeligen Geschlechter erscheinen, deren Vorfahren hohe Würden und wichtige Stellen im Staats- oder Kriegsdienste bekleideten. In älterer Zeit gab es keine stabile organische Gliederung der Militär- Behörden; die Handschreiben der Monarchen, die Erlässe des Hof- kriegsrathes, sowie die Berichte der Untergebenen waren daher nicht an die Commanden, sondern grösstentheils an die Person der Feld­herren oder Generale gerichtet. Nach dem Ableben dieser Persönlichkeiten blieb in vielen Fällen die Familie im Besitze des gesammten Actennachlasses, daher in den Staats-Archiven oft gerade die in kriegshistorischer Beziehung wich­tigsten Documente fehlen. Die Kriegs - Archivs - Direction beschloss daher, eine umfassende Durchforschung auswärtiger Archive und privater Sammlungen einzu­leiten, und stellte in dieser Beziehung dem Reichs-Kriegs-Ministerium seine Anträge, in Folge deren dasselbe die Durchforschung sämmt- licher Archive der österreichisch-ungarischen Monarchie durch Offi - eiere der betreffenden oder nächstgelegencn Garnisonsorte verfügte. Die ebenso thatkräftige als verständnissvollo Art, wie diese Verordnung des Reichs-Kriegs-Ministeriums von Seite der General und Militär-Commauden in Vollzug gesetzt wurde, sicherte dem Unter­nehmen schon im Vorhinein den günstigsten Erfolg. Aber auch bezüglich der mit der Durchführung speciell betrauten Officiere muss anerkennend hervorgehoben werden, dass sie sich mit voller Hinge­bung dieser mühevollen, ihren eigentlichen Berufspflichten so ferne liegenden Arbeit unterzogen; viele derselben bewiesen hiebei solche Liebe zur Wissenschaft, dass sie, obwohl von dom Truppendienste in Anspruch genommen, ihre Mussestunden dazu verwendeten, in den oft höchst unbequemen Areliivs-Localitäten nach kriegshistorischem Materiale zu forschen, vergilbte und unleserliche Urkunden zu ontziffern. Um ferner genauere Kenntniss über die Bestände der Staats- und Comitats-Archive der Länder der ungarischen Krone zu erlangen, wandte sich das Reichs-Kriegs-Ministerium an das königlich ungarische

Next

/
Oldalképek
Tartalom