Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Beigabe (1879)
26 Eine Erwiderung auf die in der „Allgemeinen Militär-Zeitung-1 erschienene zu erklären. Der Herr Verfasser der „Charakteristik“ verfällt dadurch in den argen Fehler, die Leistungen der preussischen Armee weniger gross erscheinen zu lassen, weil er dem Gegner — Österreich — nur die Mittelmässigkeit zugesteht. Um eine mittelmässige Armee zu schlagen, hätte es nicht sieben voller Jahre und ebensowenig eines Friedrich’s „des Grossen“ bedurft. Erwägt man noch, dass die „mittelmässige“ österreichische Armee den als Feldherrn so ausserordentlich begabten König von Preussen wiederholt geschlagen, so mussten deren Leistungen wohl über dem Niveau der Mittelmässigkeit gestanden sein. Aber ganz abgesehen davon, waren schon von vorneherein für beide kriegführenden Mächte die Prämissen völlig von einander verschieden. Friedrich II., nach jeder Richtung unabhängig, nur sich selbst verantwortlich und in vielen Fällen Alles auf Eine Karte setzend, konnte sich bei seinen Operationen von anderen Principien leiten lassen als seine Gegner. Diese Position des Königs von Preussen muss bei einem Vergleiche zwischen den Actionen beider Theile wohl in Betracht gezogen werden. Zudem war Friedrich II., sobald es in seinem Interesse lag, wenig ängstlich in der Wahl seiner Mittel. Dem entsprechend, nahm er geringe Rücksicht auf etwa vorausgegangene Verträge oder Abmachungen. Von alldem zeigt sich in Österreich während der ganzen Dauer des Krieges das directe Gegentheil, und es wurde an dem gegebenen Worte strenge festgehalten. Maria Theresia musste auf ihre Verbündeten, namentlich aber auf das wie ein Bleigewicht an der habsburgischen Monarchie hängende deutsche Reich die weitgehendsten Rücksichten nehmen. Dies allein schon genügt, die auf die kaiserlichen Generale in der „Charakteristik“ angewendete Sammelbezeichnung „Cunctators“ entschieden abzulehnen. Auch wurde in diesen Ausführungen schon der Nachweis geliefert, dass man es in Wien, wenn nöthig, nicht unterliess, den Feldherren gegenüber die Wichtigkeit einer activen Thätigkeit zu betonen. Loudon war wiederholt in der Lage, den königlich preussischen Truppen in der für sie empfindlichsten Weise die Überzeugung von der Richtigkeit seiner Dispositionen und der eminenten Art ihrer Durchführung beizubringen. Dieser kaiserliche Befehlshaber war es, welcher Friedrich II. zur Äusserung veranlasste: „er habe Loudon lieber neben sich als gegenüber“. Wenn in Preussen Friedrich II. in allen Schichten des Volkes als die Verkörperung von Regenten- und Feldherrngrösse gefeiert wird, so ist dazu die volle Berechtigung vorhanden. Sein glühender Eifer für das Wohl des Staates, sein scharfer Geist, die Energie des Mannes