Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Beigabe (1879)
Charakteristik der Feinde und der Verbündeten Preussens etc. 11 Der siebenjährige Krieg auf Seite der Gegner Preussens wurde eigentlich von Österreich allein geführt. Dieser Staat war es, welcher den Haupttheil des hiebei gemachten Einsatzes an geistigen und materiellen Potenzen und Opfern während der ganzen Dauer dieser denkwürdigen Epoche zu tragen hatte. Wenn dessenungeachtet der Krieg so lange dauern und schliesslich zwar mit einem politischen, keineswegs aber mit einem militärischen Erfolge für Preussen beendet wurde, so spricht dies wohl am deutlichsten für die Zähigkeit und Widerstandsfähigkeit der habsburgischen Monarchie, für die guten und vorzüglichen Eigenschaften ihrer braven Armee, die, gross im Siege, gleich gross und noch grösser war, wenn es galt, mit Standhaftigkeit im Unglücke auszuharren. Der König von Preussen täuschte sich darüber auch nicht einen Augenblick. Stets sehen wir ihn Österreich -—- diesem in der „Charakteristik“ und den „Erinnerungen des Veterans“ im Ganzen in einem so ungünstigen und wenig schmeichelhaften Lichte dargestellten Österreich! — gegenüber seine Hauptkraft, und beinahe immer unter seiner persönlichen Führung, in Action setzen. Immer sind es die Vorbereitungen und Entschliessungen Österreichs, welche bestimmend und Ausschlag gebend auf seine Operationen einwirken. Während er dessen Verbündete häufig nicht einmal der Beachtung würdigt oder sie durch geringe Heerestheile in Schach oder sich vom Leibe zu halten weiss, unterlässt er es niemals, alle moralischen und materiellen Hülfsmittel zur Niederwerfung und Überwindung seiner grossen Gegnerin aufzubieten, — ein Ziel, das er demungeachtet nicht zu erreichen vermochte! Anderseits war sich die Kaiserin Maria Theresia über den Werth ihrer Verbündeten und deren Befehlshaber nicht weniger klar. Von den mehrfachen Anlässen, bei welchen sie sich in dieser Richtung ebenso richtig als eingehend orientirt zeigte, seien hier nur zwei hervorgehoben. In einer längeren Unterredung mit dem venetianischen Botschafter Ruzzini (1757) äusserte sich die Kaiserin in Bezug auf Russland: „dass die Absichten der Zarin wohl über jeden Zweifel „erhaben seien, dass aber die Nichtswürdigkeit und Käuflichkeit „ihrer Generale alle Grenzen übersteige, und man nur in dem Golde „der Engländer eine erklärende Ursache für die sonst unbegreifliche „Unthätigkeit der russischen Armee finden könne *)“. Und in einem Handschreiben an den Feldmarschall Daun, welches im k. k. Kriegs-Archive unter 1760, Fase. 13, Nr. 58, im Originale vorhanden ist, schreibt die Kaiserin am 4. Juni des genannten Jahres: *) *) In Verbindung mit den früher über diesen Punkt erwähnten Thatsachen, wohl die denkbar schönste Anwendung des alten „Utile dulci“.