Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

Die Ereignisse in Bosnien und der Hercegovina v. Jalire 1875 bis Ende Juli 1878. 67 und die Behörden, durch den zweiten Balkan-Uebergang der Russen und ihren Vormarsch auf Adrianopel ausser Fassung gebracht, sahen sich gezwungen, auf die Durchführung einer Massregel von ohnehin problematischem Werthe zu verzichten. Die in Bosnien und der Hercegovina sich recrutirenden Truppen der Türkei hatten bei Beginn des Jahres 1878 folgenden Bestand: 2 Regimenter Nizam oder Linien-Infanterie zu 3 Bataillonen . 6 Batail. 2 Nizam-Jäger-Bataillone ...........................................................2 „ 2 Regimenter Redif- (Landwehr) Infanterie 1. Classe zu 4 Bataillonen..........................................................................8 „ 2 Regimenter Redif-Infanterie 2. Classe zu 4 Bataillonen . . 8 „ 8 Bataillone Mustahfiz- (organisirter Landsturm oder Miliz) Infanterie...............................................................................8 „ 1 Grenz-Infanterie-Regiment zu 4 Bataillonen und 1 Grenz­infanterie-Bataillon (Niksic) .............................................5 „ Zusammen . . 37 Batail. Die effective Kriegsstärke dieser Abtheilungen variirte — mit Ausnahme der Grenz-Bataillone — zwischen 600 und 1000 Mann. Im Verlaufe des Winters desertirten mehr als 10 Percent der unter Waffen stehenden Bosniaken und Hercegoviner wegen Mangels an Sold und Nahrung. Um die aus dieser Veranlassung, sowie durch Kriegsstrapazen und Verluste vor dem Feinde entstandenen Etat- Abgänge zu ersetzen und das Heer überhaupt auf den vollen Kriegs­stand wieder zu ergänzen, befahl die Pforte nach dem Frieden von San Stefano, die im November nicht ganz zur Durchführung gelangte Recruten-Aushebung neuerdings vorzunehmen und die Redifs zu den Fahnen einzuberufen. Zur Bewaffnung der letzteren trafen Ende März 1878 circa 14.000 Henry-Martini-Gewehre in Sarajevo ein. Ueber die militärischen Verhältnisse Bosniens und der Hercego­vina Anfangs 1878 berichtet der k. u. k. General-Consul in Sarajevo, am 15. Februar 1878, wie folgt: „Ungeachtet die ottomanischen Be­amten jetzt in so vorsichtiger Weise die höheren Aufträge vollziehen, dass sie sich den Zurechtweisungen der Hohen Pforte aussetzen, geberdet sich die muselmanische Bevölkerung von Tag zu Tag unbotmässiger. Das System, mit Nichts einen grossen Krieg führen zu wollen, lässt eben seine Mängel zu Tage treten. Seit drei Jahren muss die 400.000 Seelen zählende muselmanische Bevölkerung Bosniens und der Hercegovina 32 Bataillone regulärer Truppen und viele Baschi- Bozuk-Schaaren im completen Mannschaftsstande erhalten. Um zu ermessen, welche Menschenverluste die muselmanische Bevölkerung dadurch erleidet, genügt es, sich vorzustellen, dass Oesterreich-Ungarn im Verhältnisse 3 Millionen Soldaten zu stellen und durch drei Jahre in einem mörderischen Kriege im completen Stande zu erhalten hätte.“ Nach Ergänzung der Truppen kehrten sämmtliche Generale und höheren Officiere, die ein Commando an der serbischen Grenze hatten, in ihre alten Garnisonen zurück; die Mustahfiz und Baschi-Bozuks aber wurden nach Hause entlassen.

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