Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

Die Ereignisse in Bosnien und der Hercegovina v. Jahre 1875 bis Ende Juli 1878. 63 ausschliesslich von den gegebenen Verhältnissen ab, dass im Frieden in dieser Richtung wohl Vorbereitungen, aber keine organisatorischen Bestimmungen getroffen werden können. Ueber jene Aenderungen, die in der normalen Ordre de bataille einer Infanterie - Truppen - Division eintreten, welche die gemischte Gebirgs-Ausrüstung erhält, entscheidet in erster Linie die Gangbarkeit des voraussichtlichen Operations-Gebietes. Je wahrscheinlicher, dass grössere Abtheilungen, die gebahnten Wege verlassend, abseits im Gebirge werden operiren müssen, desto mehr wird bei Festsetzung der Ordre de bataille auf die Verhältnisse des Gebirgskrieges Rück­sicht genommen. Meist werden derartig ausgerüsteten Divisionen einige Gebirgs- Batterien und Tragthier-Escadronen zugewiesen, drei statt zwei Bri­gaden formirt, und für die Theilbarkeit der Sanitäts-Anstalt und des Munitions-Parkes vorgesorgt. Die Ereignisse in Bosnien und der Hercegovina vom Jahre 1875 bis Ende Juli 1878. Um die Verhältnisse, welche für die Art der Durchführung der Occupations-Massnahmen bestimmend waren, kennen zu lernen, ist es nothwendig, einen Blick auf die Begebenheiten in Bosnien und in der Hercegovina im Laufe der jüngstverflossenen drei Jahre zu werfen. Während der letzten Insurrections- und Kriegs-Epoche auf der Balkan-Halbinsel waren diese beiden Provinzen, obgleich sie in den Bereich der grossen Kriegs-Operationen unmittelbar nicht einbezogen waren, dennoch in einen Zustand der Verwilderung und des Verfalls gerathen, der nur zu deutlich bekundete, dass die durch religiöse Gegensätze in zwei feindliche Lager gespaltene Bevölkerung weder dem innern Zersetzungsprocesse, noch der zerstörenden politischen Ein­wirkung von aussen, zu widerstehen vermöge. Das mit fruchtbarem Boden, zahlreichen Waldungen, ausgezeich­neten Weiden und ergiebigen Mineralschätzen gesegnete Land wurde in seiner Prosperität, in seinem materiellen Gedeihen und in seiner moralischen und geistigen Entwicklung durch Missbräuche der Ver­waltung, allgemeine Unsicherheit, primitive Rechtspflege, mangelhaftes Steuersystem, Erpressungen der Grundherren und Fanatismus des muselmännischen Clerus gehemmt. Die besitzende Classe — die Begs — konnte auf ihre alten Privilegien nicht vergessen und zeigte sich fort­während, von den ottomanischen Behörden nicht zurechtgewiesen, allen Reformen feindlich. Der Kriegszustand lockerte die wenigen, die Pro­vinzen mit der Centralgewalt noch verknüpfenden Bande der Disciplin, und die türkische Regierung, welche die muhammedanische Bevöl­kerung nicht gegen sich aufbringen wollte, um in den staatlichen Bedrängnissen an ihren Patriotismus appelliren und auf diesen zählen zu können, Hess den Leidenschaften freien Lauf, und letztere machten sich auch alsbald geltend.

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