Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

Vorgeschichte. 35 teren auf das gaúze türkische Gebiet ausdelmen. Ebensowenig aber würde sie die Gefahren der Friedensstörung zum Stillstand bringen.“ „Der Fürst von Serbien und die serbische Actionspartei wollen den Krieg nicht aus allgemeinen humanitären Rücksichten und um einer autonomen Gestaltung Bosniens willen, sondern um Bosnien zu annectiren. Und die Aussicht auf die Annexion der Hercegovina ist es ganz ebenso, welche die kriegerischen Tendenzen des Fürsten von Montenegro beherrscht. Mit der Autonomisirung der insurgirten Pro­vinzen wären die Zwecke des Krieges nicht aus der Welt geschafft, und diese Autonomisirung würde in Wahrheit Niemand zufrieden­stellen, am wenigsten den serbischen Vasallenstaat und Montenegro.“ „Aus diesen allgemeinen, keineswegs aber aus speciell öster­reichischen Gründen könnte ich die in Rede stehende Idee nicht empfehlen. An sich hätte letztere einen gewissen negativen Werth für uns, da sie wenigstens die Annexion der betreffenden Gebiete durch Serbien und Montenegro, die wir nicht zugeben könnten, ausschliesst. Aber ich halte die Durchführung des Gedankens für unmöglich und den Versuch hiezu für compromittirend für das Ansehen der Mächte.“ — „Alle Serbien und Montenegro betreffenden Fragen müssten ein­fach als Kriegsfragen betrachtet werden, über welche erst gesprochen werden kann, wenn die Thatsachen selbst vorliegen.“ „Ich bin also der Meinung, dass, so lange das türkische Reich als Reich besteht und die Frage localisirt bleibt, die Schranken des Reformgedankens nicht überschritten werden könnten, ohne die orien­talische Frage in ihrem ganzen Umfange in das Rollen zu bringen. Erst wenn Christen und Muselmanen während längerer Zeit durch die von den Mächten vorgeschlagenen Formen des Zusammenlebens an gegenseitige Toleranz sich gewöhnt haben werden, wird von der Gewährung weiterer Autonomie oder Selfgovernments die Rede sein können. Alle übrigen Lösungen sind Lösungen der Gewalt, und da die Insurgenten jetzt nicht mehr Herren ihrer Entschliessungen, son­dern an die Haltung der benachbarten Fürstenthümer gebunden sind, so bleibt in der That nichts übrig, als die Entwicklung der Verhält­nisse abzuwarten und die künftigen Entschlüsse erst von der con- creten Gestaltung der Thatsachen abhängig zu machen.“ — „Ich präcisire meine Auffassung. Ich bin einverstanden mit der Meinung Lord Derby’s, so weit sie die Vertagung der Frage vor Augen hat. Auch theile ich die Erwartung, dass die Insurgenten im Falle des Sieges der Pforte durch eine gemeinsame Action der Mächte zu bewegen sein werden, sich mit den bereits angebotenen Conces- sionen zu begnügen. Nur der Meinung kann ich nicht zustimmen, dass für den Fall der Niederlage der Pforte oder überhaupt in die­sem Augenblicke schon irgend eine bestimmte Lösung ausserhalb der bisherigen Abmachungen gesucht und festgestellt werden sollte. Ich bin nämlich der Ansicht, dass der eine oder der andere Theil zwar die Kraft besitzen wird, zu siegen, nicht aber die Kraft, alle Conse- quenzen aus dem Siege zu ziehen.“ 3*

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