Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Einleitung

Vorgeschichte. 33 nopel waren Nachrichten eingegangen: der Commandant der serbi­schen Drina-Armee, General Alimpic, wolle mit 12.000 Mann über Zvornik in Bosnien einfallen und auf Sarajevo marschiren; der zum Oberbefehlshaber der serbischen Armee ernannte russische General Tschernajeff sei nach Alexinac abgereist und dränge mit aller Macht zu einem baldigen Losschlagen; der 27. Juni, als der sogenannte Vidovdan oder Jahrestag der Schlacht von Kossovo, sei zur Eröffnung der Feindseligkeiten ausersehen etc. Montenegro, das hinter Ser­bien nicht Zurückbleiben wollte, rüstete ebenfalls aus allen Kräften und nahm gegen Ende Juni die Einberufung sämmtlicher Waffen­fähigen nach Cetinje in Aussicht. Diese Nachrichten alarmirten Europa in hohem Grade. Bezüg­lich Serbiens erklärte der Grossvezir dem österreichischen Botschafter Grafen Zichy, dass die Aufregung gegen das Vasallen-Fürstenthum im ganzen Reiche eine ungeheuere sei. Man würde eher in den Untergang des Reiches willigen, als auf die Zumuthung eingeheu, Sex'bien die Verwaltung Bosniens zu übertragen. Mit Serbien scheue die Türkei weit weniger einen Conflict, als mit Montenegro, da nach seiner Auffassung 40.000 Mann genügen würden, mit den Serben fertig zu werden. Angesichts dieser bedrohlichen Verhältnisse verlangte der Sultan Murad V. am 7. Juni von dem Fürsten Milan, und am 11. Juni von dem Fürsten Nicolaus Aufklärungen über den Zweck und Umfang der in den letzten Tagen dem Abschlüsse nahegebrachten Kriegs­rüstungen Serbiens und Montenegro’s. Ehe noch die diesbezüglichen Antworten ertheilt wurden, wirkten alle Mächte auf die serbisch-mon­tenegrinischen Actions-Tendenzen beschwichtigend ein. Besonders ein­dringlich lauteten die Abmahnungen des St. Petersburger Cabinets, das in Belgrad erklären liess, Serbien würde, falls es den Frieden stören sollte, von Russland vollständig preisgegeben werden und habe auf keinerlei, wie immer geartete Sympathie oder Hülfe zu rechnen. In der Nacht zum 16. Juni kam in Constantinopel eine Verschwörung zum Ausbruche, bei welcher die Minister Hussein Avni Pascha und Raschid Pascha ermordet und Achmed Kaissarli verwundet wurden. Diese Mordscene beraubte in einem Augenblicke schwerer innerer Krisen die Türkei ihrer hervorragendsten Staatsmänner. Serbien und Montenegro standen auf dem Sprunge, in den Krieg sich zu stürzen, obgleich ihre Regierungen in Beantwortung der türkischen Depeschen vom 7. und 11. Juni jede Aggressions-Absicht leugneten und die getroffenen militärischen Massnahmen mit der Ansammlung der otto- manischen Truppen an den Grenzen der Fiirstenthümer und der Blocade derselben rechtfertigten. Bei dieser drohenden Sachlage beeilten sich die Mächte, durch gegenseitigen Meinungsaustausch die Ergebnisse der Waffenentschei­dung auf der Balkan-Halbinsel im Voraus zu ordnen und hiedurch sich vor Ueberraschungen sicherzustellen. Die diesbezüglichen Anschau­ungen des k. u. k. Cabinets legte Graf Andrássy in einer Depesche vom 27. Juni 1876 nieder, die im Wesentlichen, wie folgt, lautet: Österr. militär. Zeitschrift 1879. (Mittheilungen des Kriegs-Archivs.) ' 3

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