Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs - Die Occupation Bosniens und der Herzegovina (1879)

Operationen der XX. Infanterie-Truppen-Division bis zum Eintreffen in Doboj

Gefechte bei Dolnja Tuzla. 243 Von der einst die „Carsie“, den ältesten Theil der Stadt um­gebenden, bis 2*5™ hohen und 2m starken Ringmauer ist nur ein unge­fähr 300m langer Theil an der West-Seite vorhanden. An der Nord- Seite fehlt sie ganz, an der Süd- und Ost-Seite sind noch Spuren sichtbar. Der Graben ist zum grossen Theile verschüttet. Inmitten der Häuser der „Carsie“, von diesen eng umschlossen, liegt die mit 3m starken und stellenweise 9m hohen Mauern umgebene, gut erhaltene, an den Ecken durch, für Geschützvertheidigung eingerich­tete Rondels verstärkte Citadelle, die jedoch keinen Graben besitzt. Allerdings hat Dolnja Tuzla, als von den zunächst liegenden Höhen vollkommen eingesehen, keine besondere taktische Bedeutung; doch boten die gedachten Höhen im Vereine mit der Stadt dem Ver­thei diger mannigfache, nicht unwesentliche Vortheile. Im Centrum der Stellung war die West-Lisiére der Stadt durch die immerhin sturmfrei zu nennende Umfassungsmauer derart gesichert, dass dem Angriffe auf diese, unbedingt die Besetzung der das Thal begleitenden Höhen seitens des Angreifers vorausgehen musste. Hier war aber die Terrain-Gestaltung diesem entschieden günstig. Boten doch die zahlreichen meist in der Richtung von Norden gegen Süden ziehenden Schluchten gute Vertheidigungs-Abschnitte, während die Beschaffenheit der Hänge das Fortkommen des Angreifers einer­seits erschwerte und ihn anderseits, falls er des Vortheiles der Ueber- höhung nicht verlustig werden wollte, zu weit ausgreifenden Umgehungen zwang. Der auf dem nördlichen Thalhange liegende Ort Moluka (Molove), aus wenigen elenden Hütten bestehend, ist ohne jede militärische Bedeutung. Sämmtliche Wege der Umgebung sind, ausgenommen die bereits geschilderten nach Gracanica, dann die streckenweise ziemlich gute Strasse nach Brcka: schmale, oft tief eingeschnittene Karrenwege. Dolnja Tuzla hatte wie alle ostbosnischen Städte innerhalb seiner Mauern während der letzten Zeit stürmische Scenen gesehen. Nachrichten über die Volksbewegung in Sarajevo hatten bald ihren Weg nach Dolnja Tuzla, Bröka und Bjelina, die Verkehrsmittel­punkte der Posavina, gefunden. Hier gab es der Elemente zur Genüge, welche allein schon die Schaffung anarchischer Zustände, nach dem Vorbilde der „Volksregierung“ Hadschi Loja’s für höchst wünschens- werth erachteten. Dessen Sendboten fanden daher williges Gehör, wenn auch zunächst nur bei dem ärmeren, nach jeder Veränderung der Besitzverhältnisse lüsternen Theile der Bevölkerung. Bald ergriff jedoch die Bewegung weitere Kreise und änderte ihren Charakter. Fanatische muhammedanische Priester, allen voraus Cuktia Effendi aus Taslidza, begannen der zuerst vorwiegend socialen Bewegung einen politisch-religiösen, gegen die Occupation gerichteten Charakter zu geben. Kein Mittel blieb zu diesem Zwecke unversucht. Märchen über die geringen Kräfte und die Grausamkeit der k. k. Truppen, mit orientalischer Phantasie erfunden, wurden mit gleicher Leichtgläubigkeit für baare Münze genommen. Das oft zweifelhafte, immer energielose Benehmen türkischer Civil- und Militär-Autoritäten, Österr. militär. Zeitschrift. 1879. (Mittheilungen des Kriegs-Archivs.) 17

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