Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)

Betrachtungen über die Schlacht bei Solferino

62 Betrachtungen über die Schlacht bei Solferino. Unterordnung herauszutreten, und wann nicht, so gibt es doch Lagen, wo er selbständig handeln und für seine Handlungsweise die Verant­wortung übernehmen und tragen muss. Hiebei soll ihn der viel berufene richtige, militärische Takt leiten, gestützt auf gewissenhafte Erwägung aller Gesichtspunkte, so weit er selbe sich zugänglich machen kann; sein Richter ist der Erfolg. Je mehr aber den Corps- Commandanten und Divisionären die Initiative versagt und unter­bunden wird, selbst einer so zwingenden Lage gegenüber, wie sie am linken Flügel der k. k. Armee bei Guidizzolo-Medole am 23. Juni Abends und am 24. Morgens gewesen war, desto mehr wird dieselbe zur Aufgabe der Arme-Commandanten, desto weniger dürfen sich diese derselben gänzlich begeben. Wenn der Armee-Commandant, durch unvor­hergesehene Verhältnisse bestimmt, die Initiative ergreift, so trägt dieser Entschluss zum selbstthätigen Handeln ein ganz anderes Gepräge, als wenn er von einem untergeordneten Führer ausgeht, da ihm ohne Weiteres schon durch die gemeinsame Leitung gewichtiger, zur Action zu berufender Kräfte grössere Wirksamkeit und grössere Sicherheit Zuwachsen. In hundert Fällen wird aber 99 Male Derjenige Sieger werden, welcher handelt, wenn er auch nicht in vollster Bedeutung des Wortes die Initiative ergreift. Die Grundbedingung hiezu ist jedoch, dass seine Handlungsweise frei sei, dass er überhaupt nicht abwartet, zaudert und unsicher verfährt, unbekümmert um die kostbare Zeit und günstige Gelegenheit. Im Voraus schon sollen alle Einleitungen zum energischen Handeln, zur kräftigen That getroffen werden. In dieser Beziehung aber ist vor Allem die Vereinigung der Kräfte erforderlich, denn dadurch ist schon der erste Schritt zu einem glücklichen Ringen gethan. 7Am rechten Flügel des Heeres bei S. Martino vereinten sich in bohém Grade bewundernswerthe Initiative des Angriffs und Aus­dauer der Durchführung. Der Feind scheiterte trotz seiner Übermacht, trotz seiner Tapferkeit an dem eisern sich betätigenden Willen der Führer. Initiative und Vorsicht hatten sich dort gegenseitig glücklich im Gleichgewicht gehalten. « \Im Ganzen genommen "Äraren von österreichischer Seite die meisten strategischen Bedingungen für den günstigen Erfolg der Schlacht von Solferino gegeben, und der Verlust derselben kann nicht in der Mangelhaftigkeit dieser gefunden, er muss auch nebst dem Vermissen der Initiative — des Dranges zur That — noch in der fehlerhaften Ausführung ertheilter Befehle, demnach in taktischen Ursachen, und ausser diesen noch in dem Eintreten eigentüm­licher, misslicher Zufälligkeiten, wie der Einwirkungen der Atmo­sphäre, gesucht werden, welch’ letztere die Verbreitung des Kanonen-

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