Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)
Beiträge zur vaterländischen Geschichte. I. Major Moriz Edlen v. Angeli: Der Friede von Vasvár. Nach den Original-Acten der k. k. Archive
Der Friede von Vasvár. 21 Vergebens waren Montecuccoli’s Vorstellungen, dass sie bei der Proviantvertheilang immer die Ersten gewesen seien und doch Fleisch genug gehabt hätten, wenn auch schon das Brod zuweilen unzureichend war; — dass der Feind kaum vier Meilen von hier entfernt sei, und ein Unternehmen auf diese Distanz, zumal mit der ausgesprochenen Absicht, sich unmittelbar darauf mit dem inzwischen den Marsch fortsetzenden Rest der Armee wieder zu vereinigen, doch unmöglich eine Separation genannt werden könne; — umsonst war selbst der Appell an das französische Nationalgefühl, in dem der Feldherr betonte: „Er hätte vermeint, sie würden es übel aufnehmen, wenn er etwas gegen den Feind vorgenommen und tentirt, und sie nit dazu mitberufen und gebraucht hätte“, — die Franzosen beharrten bei ihrer Weigerung, und das Unternehmen musste unterbleiben. Dreissigtausend Türken vollführten Angesichts der noch immer 18.000 Streitbare zählenden kaiserlichen Armee ungestört den äusserst schwierigen Übergang‘) und gewannen den wichtigen Übergangspunkt Gran-Párkány, wodurch Montecuccoli später genöthigt wurde, die Offensive am rechten Donau-Ufer aufzugeben und sie unter ungünstigen Verhältnissen an die Waag zu verlegen. — Aus der Schlacht von St. Gotthard resultirte also nur ein rein taktischer Sieg ohne alle strategischen Folgen; — sie war, im grösseren Massstabe zwar, am Ende doch nichts Anderes als die Verwehrung eines feindlichen Fluss-Überganges, wie er schon am 27. und 28. Juli vorkam. Wenige Tage nach der Schlacht steht der Feind mit überlegenen Kräften wieder kampfbereit da und ist im Begriffe, durch Verlegung des Operationsfeldes auf das linke Donau-Ufer eine Macht aufzustellen, welcher selbst die vereinigten kaiserlichen Heeres- theile kaum mit Aussicht auf dauernden Erfolg gegenüberzutreten hoffen durften. — Der Umstand, dass seit drei Jahrhunderten zum ersten Male die osmanische Hauptmacht von einem christlichen Heere im freien Felde besiegt wurde; die namhaften Verluste, die jene dabei erlitt, sind wohl als die Gründe anzunehmen, dass die Schlacht bei St. Gotthard von den Epigonen noch mehr als von den Zeitgenossen überschätzt und in eine Verbindung mit dem Friedensschlüsse gebracht wurde, welche jeder Berechtigung entbehrt. Das kaiserliche Heer siegte wohl in einer Schlacht, aber entschied damit keineswegs auch den Feldzug zu seinen Gunsten. Welche Ansichten übrigens Monte- cu ccoli selbst über die Niederlage der Türken hatte, geht wohl am Klarsten daraus hervor, dass er, als dieselben am 5. August, eines Lagerwechsels halber, gegen St. Gotthard marschirten, die Möglichkeit in’s Auge fasste, der Grossvezier wolle seinen ursprünglichen Plan, 4) Die Tataren mussten ihre Pferde vor die Geschütze spannen, um sie durch das stark sumpfige Terrain durchzubringen. Hammer, „Geschichte des osmanischen Reiches“, VI. 146.