Mittheilungen des k.k. Kriegs-Archivs 2. (1877)
Beiträge zur vaterländischen Geschichte. II. Major Moriz Edlen von Angeli: Die kaiserliche Armee unter dem Ober-Commando des Markgrafen Ludwig von Baden in den Feldzügen 1689-92 gegen die Türken - B. Der Feldzug 1690 in Serbien und Siebenbürgen
Der Feldzug 1690 in Serbien und Siebenbürgen. 225 zingeln könne. Ebenso wenig könne sich das blos in Voraussetzung künftiger Offensiv-Operationen genommene, nun aber gänzlich isolirte Widdin halten, und sei dessen Vertheidigung nicht einmal Zeitgewinnes halber zu motiviren, da der Feind, durch eine Insel gedeckt, mit der Flottille unbemei'kt am walachischen Donau-Ufer stromauf gehen könne. Der Markgraf suchte den Kaiser zu überzeugen, dass unter den obwaltenden Verhältnissen keineswegs Nis die grösste Aufmerksamkeit verdiene, sondern, „wo Gott der Allmächtige nicht immediate seine Hand darein leget, natürlicherweise nicht anders zu glauben, es werde der Feind mit einem Theil seiner Armee, Zuziehung der Tataren, Walachen und Moldauer, zugleich zu Wasser und zu Land einen Angriff in Siebenbürgen und dem zwischen selbigem und der Donau liegenden Land versuchen“, wo bei der Unverlässlichkeit der ungarischen Miliz und der Schwäche der kaisei’lichen Truppen, „gar leicht ein unglückselig casus sich ergeben kann, und Alles auf einmal zu grösserer revolte und schlimmeren Stand als jemals gewesen, in wenig Tagen gebracht werden könnte; nach welcher Gelegenheit ohnedem scheinet, dass die Meisten mit grossem Verlangen warten und seufzen“. Sollte ungeachtet alles dessen an der Behauptung von Nis festgehalten werden, so erklärte der Markgraf, „dies Ihrer kaiserl. Majestät hohem Judicio, und Denen, so vielleicht mehrere Experienz und hierinfalls von denen richtigen Aussehen bessere Informationes haben“, überlassen zu wollen. Aber weder die sachlichen Gründe des Markgrafen, noch dessen entschiedene Ablehnung des Ober-Commando’s konnten den Kaiser und seine Räthe anderen Sinnes machen. Am 18. Mai wurde dem Markgrafen von Baden durch ein Decret des Hofkriegsrathes der Oberbefehl ohne Änderung des Feldzugsplanes übertragen und ihm bedeutet, dass „Ihro kaiserl. Majestät solchemnach in Ihro hochfürstliche durch- lauchte Person das gnädigste Vertrauen stellen, Derűseiben werden solches, Ihro in Capite anvertraute Commando gerne auf sich nehmen; zu dem Ende sich aufs Eheste hinabbegeben; darbey Ihrer kaiserl. Majestät und des gemeinen Wesens Dienst, auch die Conservation der von Gott dem Allmächtigen verliehenen so ansehentlichen, weitläufigen Conquisten, Ihrem lobwürdigen Eifer, Industria, Vigilanz und Vorsichtigkeit nach, Bestens angelegen sein lassen ’)“. In dieser Zwangslage, wo ihn der Befehl des Kaisers einer offenbaren Unmöglichkeit gegenüberstellte, erübrigte dem Markgrafen von Baden nichts Anderes, als um die Zusammenberufung einer Conferenz zu nochmaliger Prüfung der Situation, eventuell um eine klare, ihn ausser alle Verantwortlichkeit setzende Instruction zu bitten. Allein es blieb auch dieser Schritt ohne den gehofften Erfolg. J) Grossherzoglich badisches Haus-Archiv zu Carlsruhe. Röder: XXII.