Katolikus gimnázium, Miskolc, 1895, A gimnázium története
68 und an Inhalt nicht leer seinen. Die Becker’sche Schulgrammatik, welche die willkürlich nach grammatischen Formen gebildeten Beispiele in ihren neueren Auflagen fast überall durch Stellen aus deutschen Klassikern ersetzt hat, kann in dieser Hinsicht dem Lehrer gute Dienste leisten. Die Thätigkeit des Schülers in der Lehrstunde selbst wird, je nach der Stelle, welche der Lehrgang bereits erreicht hat, zu Nachbildungen der als Muster gegebenen Satzform zu beanspruchen sein, oder zu Umbildungen aus beiordnendem in unterordnendes Verhältniss, aus verkürzter in erweiterte Form u. a. Bei einer Beschäftigung der letzteren Art hat die Wahl klassische Beispiele noch den besondern Werth, dass sich dann der Vorzug der einen Ausdrucksweise vor der andern für den bestimmten Zweck passend nachweisen lässt. Zur häuslichen Wiederholung aber ist nicht nur aufzugeben, dass die vorgetragene Regel oder Eintheilung oder Definition genau gemerkt werde, sondern dass auch für eine bestimmt bezeichnete Satzform Beispiele zu mündlicher Angabe überlegt und für die folgende Stun le in Bereitschaft gehalten, oder dass solche aus bestimmten Abschnitten des Lesebuches aufgesucht sein müssen. Die Satzlehre, in der angedeuteten Weise behandelt, bildet das Sprachbewusstsein über - wiegend für die syntactische Seite der Sprache aus; sie setzt zugleich voraus, dass die Sprache selbst, ihrer Wortbildung nach, dem Schüler bereits bekannt sei. In beiderlei Hinsicht bedarf sie einer Ergänzung durch die Formenlehre. Diese wird sich unter die beiden ersten Klassen des Untergymnasiums angemessen so vertheilen lassen, dass in der ersten die Flexion des Verbum mit den darauf sich gründenden Wortableitungen, in der zweiten die weit schwierigere Flexion des Nomen ebenfalls mit ihrem Einflüsse auf Wortbildung und zugleich mit der in der Satzlehre nicht so übersichtlich vereinigt vorkommsnden Reclion der einzelnen Casus durchgegangen werde. Man kann diese zweite Seite der grammatischen Aufgabe in jeder der beiden untersten Klassen entweder nach der Satzlehre vornehmen oder nach einem passenden Abschnitte derselben einschieben. Auch der Unterricht in der Formenlehre der Muttersprache ist ein wesentlich anderer, als der in einer fremden Sprache ; denn die Schüler haben nicht erst an Paradigmen die Biegungsformen kennen zu lernen, sondern die ihnen bekannten unter bestimmte Rubriken und Gesetze zu bringen. Es wird dabei besonders darauf ankommen, solche Gesetze der Formenlehre nachdrücklich hervorzuheben und einzuprägen, aus welchen sich die Berichtung öfters gemachier Sprachfehler ergibt; und ausserdem wird in der Formenlehre der Lehrer, ohne Historisches über die älteren Formen der Sprache einzumischen, es doch streng vermeiden, die Schüler etwas lernen zu lassen, was dem später ihnen bekannt werden len historischen Gange der Sprache widerspräche. In der dr.tten und vierten Klasse sind dem grammatischen Unterrichte nicht mehr besondere Stunden gewidmet, sondern die erworbenen grammatischen Kenntnisse werden nur in Erinnerung gebracht, so oft die Lectüre oder die Aufsätze dazu Anlass geben. Wohl aber hat es der Lehrer als seine Aufgabe anzusehen, die Schüler in die Hauptpunkte der Stilistik ein zuführen, so weit sie diesen Klassen zugänglich sind ; namentlich ist aufmerksam zu machen auf den Einfluss, welchen der poetische oder rhetorische Charakter der Sprache auf Wortstellung, auf Satzfügung, auf Wahl von Bildern oder Figuren hat. Fern zu halten is dabei jeder Versuch einer systematischen Behandlung des Gegenstandes, sondern das Lesebuch dient als Anlass und Leitfaden der betreffenden Bemerkungen; auch darf es nicht die Absicht sein, den Schülern eine reiche Nomenclatur oder eben blos eine Nomenelatur zu geben, sondern es ist jedesmal der Grund der Abwe’chung von der einfacheren Form und der Eindruck nachzuweisen, welchen diese Abweichung auf den Hörer und Leser macht. Eben desshalb sind solche Bemerkungen durchaus an die Lectüre anzuschliessen, und dieser wiederum die einfachsten Fälle einer solchen Erscheinung zu ihrer ersten Verdeutlichung zu benützen. — In der vierten Klasse sind ausserdem die Hauptpunkte der deutschen Metrik zu geben, in dem Umfange, als sie sich durch die im Lesebuche enthaltenen Dichtungen verdeutlichen lässt, b) Orthographische Uebungen. Welche Orthographie der deutschen Sprache der Lehrer zu befolgen, und durch Unterricht und Uebung den Schülern zu eigen zu machen habe, lässt sich bei dem gegenwärtigen Zustande des Gegenstandes, wo das auf historische Forschung gegründete Bewusstsein von den Sprachgesetzen mit einer zum Theil zufälligen und unbegründeten Sitte kämpft, und die Entwickelung noch unvollendet ist., nicht durch eine allgemeine Anordnung fcstsetzen. Wenn das Gymnasium, zumal eine Rücksicht der Aufgabe, welche es in seinen höheren Klassen verfolgt, es nicht, von sich abzulchnen hat, dass es zur Verbreitung einer einfachen, in der Sprache selbst begründeten Orthographie an seinem Theile mitwirke, so ist doch di3 grösste Mässigung hierin zu empfehlen, damit nicht der Schüler in den Fall komme, für den wirklichen Gebrauch der deutschen Sprache im Leben sich das wider abgewöhnen zu müssen, was er auf der