É. Apor (ed.): Jubilee Volume of the Oriental Collection, 1951–1976. Papers Presented on the Occasion of the 25th Anniversary of the Oriental Collection of the Library of the Hungarian Academy of Sciences.

G. HAZAI: "Târih-i Ungurus" — eine Handschrift aus der Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften

90 Zuerst sei es mir erlaubt zu erwähnen, dass die Entdeckung dieser Chronik aus dem 16. Jahrhundert dem berühmten ungarischen Orientalisten, A. Vámbéry zu verdanken ist. Auf seiner Konstantinopler Reise in den 50er Jahren des 19. Jahrhunderts kaufte er diese Handschrift. In der Orientalischen Samm­lung der Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften wird diese Handschrift als Geschenk von ihm aufbewahrt. A, Vámbéry begnügte sich nicht damit, die Handschrift zu erwerben und nach Ungarn zu bringen. In einem kurzen Artikel lenkte er die Aufmerksamkeit der ungarischen Gelehrten auf diese bedeutende Quelle. Er selbst aber entschloss sich nicht, sie zu übersetzen und wissenschaftlich zu bearbeiten. Ebenso verfuhr J. Budenz, der einige Jahre später in seiner Arbeit die baldige Bearbeitimg des Werkes als "eine dringende Aufgabe" bezeichnete. Diese Anregung blieb aber ohne Echo. Inzwischen sind mehr als hundert Jahre vergangen. Die Chronik-Diskussionen der vergangenen Jahrzehnte Hessen diese Quelle ganz ausser Acht, die meiner Ansicht nach keine entscheidenden Angaben, jedoch nützliche Einzelheiten zur Erforschung der mittelalterlichen ungarischen Chroniken enthalten könnte. Unerwähnt blieb dieses Werk natürlich auch in den grösseren zusammenfassenden Darstellungen der ungarischen Literaturgeschichten, was dann diese Chronik endgültig als "eine vergessene Quelle" erscheinen lässt. Von dem Verfasser TERCÜMÄN MAHMÜD, d.h. Dolmetscher Mahmüd, wussten wir lange Zeit nur das, was in der Einleitung zu seinem Werk steht. Danach war es klar, dass er Latein und vielleicht auch andere Sprachen beherr­schte. Der Beiname TERCÜMÄN schon erlaubt so zu folgern. Erst die neueren Untersuchungen von J. Matuz über die Pfortendolmetscher haben einen Fort­schritt in der Klärung der Frage nach der Person gebracht. J. Matuz hat wohl ganz recht, wenn er versucht, die Person von TERCÜMÄN MAHMÜD mit einem Pfortendolmetscher deutscher Abstammung zu verbinden. Diese Identifikation lässt sich auch von der sprachlichen Seite her bestätigen. Obwohl TERCÜMÄN MAHMÜD — das vorliegende Werk beweist es — das Türkische ganz ausgezeichnet beherrschte, verraten einige Wendungen den Einfluss eines fremden Idioms, höchst­wahrscheinlich der deutschen Sprache. Gestatten Sie mir nun, einen kurzen Überblick über die Entstehung des Werkes zu geben, die in die Zeit nach der Schlacht von Mohács (1526) fällt. In diesen Jahren machte sich der erwähnte TERCÜMÄN MAHMÜD an die Aufgabe, eine ausführliche ungarische Geschichte zu schreiben. Der Verfasser verhüllte sein Ziel keineswegs: er hoffte, dass ihm für dieses aktuelle Werk reichlicher Lohn zuteil würde. Wieweit seine Hoffnungen erfüllt wurden, wissen wir nicht. Wenn wir aber daran denken, dass diese Handschrift, die ein Unicum zu sein scheint, weder im Topkapi Sarayi noch in irgendwelchen anderen Istanbuler Handschriftensammlungen aufgetaucht ist, und dass Á. Vámbéry diese Handschrift im Grimde genommen mit grosser Leichtigkeit — vielleicht einfach von einem Buchhändler — erwerben konnte, müssen wir wohl bezweifeln, dass das Werk von TERCÜMÄN MAHMÜD jemals an den Hof Süleymäns des Prächtigen gelangt ist. Das im Hinblick auf die literarischen und sprachlichen Werte auf einem beschei­deneren Niveau stehende Werk konnte der Kritik der Literaten des Hofes kaum

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