É. Apor (ed.): Jubilee Volume of the Oriental Collection, 1951–1976. Papers Presented on the Occasion of the 25th Anniversary of the Oriental Collection of the Library of the Hungarian Academy of Sciences.

Zs. KAKUK: Ignác Kúnos' Nachlass in der Orientalischen Sammlung der Bibliothek der Ungarischen Akademie der Wissenschaften

116 1915, ungefähr 30 000 Menschen auf einem so grossen Gebiet, das ungefähr einer Stadt entspricht. Die in Kenyérmező wohnenden Mohamedaner stammten von allem von der Halbinsel Krim und aus dem Kaukasus sowie aus der Umgebung der Volga. Im Lager bei Eger lebten — aus den für uns interessanten Völkern des türkischen Sprachgebietes — Kasantataren, Mischären, Baschkiren, Kumüken, Nogaien und Türkmenen. KUNOS hat leider nach diesem frühen Bericht aus dem Jahre 1915 keinen weiteren veröffentlicht, obwohl er bis 1918 jedes Jahr beide Lager besucht hatte. Es existiert aber noch ein anderer Bericht, ein noch unveröffentlichtes Manuskript, das zur Zeit im Besitz der Familie Kúnos ist. Das Manuskript ist nicht da­tiert, aus seinem Inhalt kann man aber darauf folgern, dass es nicht aufgrund des ersten Besuches im Jahre 1915 entstanden ist, sondern von einem späteren, zusammenfassenden Bericht gesprochen werden kann. Das 39 Seiten starke Ma­nuskript trägt den Titel 'Iszlám foglyok tatár táborában' [Im Gefangenenlager der islamischen Tataren] , es enthält einen etwas ausführlicheren Bericht als die veröffentlichte Fassung. Der Bericht, der KUNOS' Stil entsprechend nicht streng wissenschaftlich konzipiert ist, enhält vor allem die Eindrücke aus dem Lager bei Eger. Ausser der Beschreibung des Lagerlebens sind die Bemerkungen bezüglich der verschiedenen ethnischen Einheiten besonders interessant. So z.B. schreibt er, dass bei den Krimtataren -die Vermengimg mit den Tscherkessen und vor allem mit den Osmanen eine besonders wichtige Rolle spielt, unter ihnen sind kaum einige, die schreiben oder lesen können, die Schreib- und Lesekundigen neigen zu der Konstantinapolitanischen Kultur. Nur in der Volksdichtung werden noch die ur­sprünglichen tatarischen Eigentümlichkeiten bewahrt, die Erinnerung an den Volks­helden und die Tradition der Räuberromantik ist bei ihnen noch lebendig. Die Ka­santataren sind die geschultesten. Hodschas, Volkslehrer sind unter ihnen, die ein Tagebuch führen, Theater vor Stellungen inszenieren, sie haben auch KUNOS bei der sprachlichen Abschrift sehr geholfen. Sie versuchen, ihre Gärtner- und Ackerbaukenntnisse, die sie aus der Heimat mitgebracht haben, auch hier an zu wenden. Sie besitzen eine ausserordentliche Handfertigkeit bei Schitzarbeiten, sind selbstbewusst, nüchtern und besonnen. Ethnisch süid die Mischären am in­teressantesten, sie sind untersetzt, stämmig, haben blaue Augen und blondes Haar. Sie stehen auf einer relativ niedrigen Kulturstufe und sind vor allem den Äusserlich­keiten des Islams zugetan. Ihre listige Schalkhaftigkeit und Geschicklichkeit beim Kauf und Verkauf ist sprichwörtlich. Ihnen gegenüber scheinen die Basch­kiren zu sanftmütig und ungeschickt zu sein. Sie sind klein, haben schwarze Haare und hervorstehende Backenknochen. Sie werden nur dann munter, wenn sie ihre Lieder singen. Die zurückgebliebensten sind die Türkmenen, sie zeigen nie eine besondere Aufmerksamkeit und dulden friedlich ihre ihnen aufgezwungene Lage. Desto schwerer vertragen die Gefangenschaft die Menschen aus dem Gebiet des Kaukasus: die Kumüken, Awaren, Osseten und Grusinier, deren ausserge­wöhnliche Lage auch von der Tatsache gezeigt wird, dass sie ihre nationale Tracht tragen (siehe Seite 11-19 im Manuskript).

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