Zalai Múzeum 11. Kereszténység Pannóniában az első évezredben (Zalaegerszeg, 2002)

Bratož, Rajko: Der Bischoff Victorinus und die Kirchengemeinde von Poetovio [2. Hälfte des 3. Jahrhunderts]

Der Bischof Victorinus und die Kirchengemeinde von Poetovio 11 ten und daher beide eine ahnliche Geistesverfassung und ahnliche Problème ausgedrückt habén 85 . Als die wichtigsten Tugenden der guten Christen fiihrte der Bischof von Poetovio die Ausdauer, persön­liche und charakterische Festigkeit an, weiter die Treue dem Glauben, auch zum Preis des Martyriums, die Tatén der Barmherzigkeit und der Liebe. Einige von diesen Tugenden wurden auch in anderen zeitgenössi­schen Texten erwâhnt, nicht nur bei Cyprianus, sondern auch bei dem unbekannten Autor des Kommentars zum 25. Kapitel des Matthâusevangeliums, der eine Ausle­gung des Gleichnisses von zehn Jungfrauen bringt. In dieser Auslegung hat ein Zeitgenosse Victorins aus dem annahernd selben Raum, der dem Bischof von Poetovio der Gesinnung nach recht nahe stand 86 , eine Reihe von Tugenden angefiihrt, die die guten Christen schmücken Bei dieser Beschreibung beleuchtete er die Lebensver­haltnisse der damaligen Christengemeinden. Unter den Tugenden hob er diejenige hervor, die fur das Überwin­den der schweren Zeiten besonders wichtig waren: das Besuchen von Gefangenen in den Kerkern, in den Bergwerken (Steinbriichen), in den Arbeitshâusern, das Besuchen der Vertriebenen aus der Heimat, die Hilfe­leistung an diejenigen, die vom Hunger betroffen waren. Die guten Christen ertragen mit Geduld die Schmerzen, den Hunger, die Kalte, die Strafen, die Trauer, die Verbannung, die Verurteilung zur Arbeit in den Bergwerken, die Kerkerhaft 87 . Barmherzigkeitsbe­dürftig sind - neben den Physisch- und Sozialbetroffe­nen (Blinde, Hinkende, Kranke, Arme, Witwen, Waisen usw.) auch "die Vertriebenen, die Verurteilten zur Arbeit in den Bergwerken (Steinbriichen) und die Hâft­linge" 88 . Die in der Schrift aufgereihte "Plagenliste" ist eine Widerspiegelung der schweren Zustânde, die in der damaligen Gesellschaft herrschten (eine groBe Zahl von existenzbedrohten Leuten), die im Fall der Christen wegen der Verfolgungen noch zusatzlich zugespitzt waren. Die Verfolgungen haben - ungeachtet der Zahl von tatsachlichen Todesopfern - wegen ihrer harten Form (Austreibungen, Verurteilungen auf die Arbeit in Bergwerken und Steinbriichen, Kerkerhaft, die Behin­derung durch körperliche Strafen usw.) eine groBe Zahl der Glaubigen in extreme Not gestiirtzt. Ein akzentuier­ter Altruismus unter den Christen in Form einer allsei­tigen Hilfsbereitschaft {opera misericordiae) ist fur diese Zeit auch bei anderen Autoren belegt 89 . Victori­nus muBte sich in der Rolle des Bischofs - ebenso wie seine zeitgenössischen Amtskollegen - sicher mit zumindest einigen von den erwahnten Notfállen ausein­andersetzen 90 . Einer von Hauptziigen des Alltagslebens der Chri­sten in Poetovio zur Zeit Victorins war die Bemiihung um die BuBe mit einigen Elementen des Asketismus. Der Bischof von Poetovio hat (zwar nur an zwei Stel­len) das Ideal der Jungfraulichkeit hervorgehoben 91 . Friihe Formen der Askese und des Mönchtums sind in Pannonién erst ein Jahrhundert spâter dokumentiert 92 . e. Liturgische Woche und das liturgische Jahr; die christlichen und die heidnischen Festtage In der Schrift De fabrica mundi iibermittelt der Bischof von Poetovio einige Angaben iiber die liturgi­sche Woche und das liturgische Jahr. Victorinus erwáhnt zwei Fastentage, Mittwoch und Freitag, die sich auch sonst in der friihchristlichen Zeit durchgesetzt haben als eine Erinnerung an zwei Ereignisse im Leben Christi: am Mittwoch (tétras) wurde er verraten 93 , am Freitag (parasceue) ist er auf dem Kreuz gestorben 94 . Daneben tritt bei Victorin als Fastentag auch Samstag auf, der in dieser Rolle erst im 3. Jahrhundert in Erscheinung trat. Die Motivation fur das Samstagsfa­sten basierte nicht auf Evangelien; in ihr zeigte sich der Wunsch, sich von dem jtidischen Festtag zu distanzie­ren. Dieser Tag sollte der geistlichen Vorbereitung auf die Samstagseucharistie dienen. Die Rolle des siebten Tages (sabbatum) im Leben der Christen legte Victori­nus in einem antijüdischen Sinne aus. Bei Victorins Ablehnung des "jiidischen" Samstags geht es, zumin­dest mittelbarerweise, auch um den Abstand von dem Heidentum, da dieser Tag, dem Gott Saturnus geweiht, auch fur die Heiden ein Festtag war 95 . Für die Christen war der wichtigste der achte Tag (dies octavus), der als Tag des Herren (dies dominicus) gefeiert wurde 96 . Seine auBerordentliche Bedeutung begründete Victori­nus auch mit der Tatsache, daB dieser Tag auch der Tag des jüngsten Gerichtes und des Beginns des himmli­schen Lebens auf Erden wird 97 . In der Erwartung der baldigen Ankunft des Herren (an einem Sonntag) dien­te Samstag als Tag der Vorbereitung auf die Parousie, der auch deswegen zum Beten und Fasten bestimmt sein soil 98 . Victorinus unterschied drei verschiedene Fastenar­ten: das allgemein verbreitete Fasten bis zur neunten Tagesstunde, d.h. bis zur Mitte des Nachmittags (sog. semiieiunium)^; das bis zum Abend verlangerte Fasten, und das bis zum nachsten Tag verlangerte Fasten, fur das er als erster den Ausdruck superpositio (sc. ieiunii) verwendete 100 . Diese Fastengewohnheiten wurden spater besonders von Mönchen übernommen und wurden - in der Nachbarschaft des behandelten Gebietes - zwei Jahrhunderte spater vom hi. Severin praktiziert 101 . Auf diese Weise hat sich die Zahl der Fastentage verdoppelt (neben Mittwoch und Freitag noch Donnerstag und Samstag). Da das Fasten ein Bestandteil der Vorbereitung auf den Gottesdienst (fiir den sich seit Mitte des 2. Jahrhunderts der Ausdruck statio durchgesetzt hatte) 102 war, diente dieser Aus­druck zur Bezeichnung der Fastenvorbereitung auf den Gottesdienst 103 . Als ein Nebenmotiv fur das Fasten führte Victorin auch die Erwerbung von Gottesgunst an, damit das Leben für die Menschheit "gesund, frucht­reich und weit weg von Stürmen" verlaufen würde 104 . Den liturgischen Kalender der Kirchengemeinde von Poetovio beleuchtet das chronologische Fragment Vic-

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