Zalai Múzeum 3. (Zalaegerszeg, 1991)

Szameit, Erik: Anmerkungen zur Chronologie des 8.–9. Jahrhunderts im Ostalpenraum

74 Száméit, Erik mung des frühmittelalterlichen Frauenschmucks im Ostal­репгашп ist, bedingt durch die meist geringe Variability und eher selten auftretende Kombinationsvielfalt, schwie­rig. Die wenigen, reicher ausgestatteten Frauengráber, die den gehobeneren Bewölkerangsanteil reprâsentieren, zeichnen sich hingegen fast regelhaft durch die kombinier­te Verwendung von westlichen, bairisch-frânkischen Schmuck- und Trachtbestandteilen und awarischen For­men aus. Sie wurden bisher, analog zu den Waffengràbern, in die Zeit um 800 bzw. in das 9. Jh. datiert. Aus den historischen Quellén wissen wir, dass die Be­völkerung Kârntens und der Steiermark im 8. Jh. „Karan­tanen" genannt wurde. Diese Karantanen waren wie die meisten Völkerschaften des Friihmittelalters zweifellos polyethnisch strukturiert, wobei slawische Bevölkerungs­teile stark dominierten. 12 Nicht unbedeutend fur die Stam­mesbildung diirfte auch der Einfluss der Awaren gewesen sein, der sich, wie die archâologischen Funde zeigen, in einem kulturellen und vermutlich auch politischen Nah­verhàltnis zum Awarenkhaganat manifestierte. So tràgt et­wa die durch westliche Schwerter und Sporen ohnehin schon sozial hervorgehobene karantanische Oberschichte auch awarische Gürtelgarnituren. Die politische Situation andert sich in den Jahren um 740/743, als es einer offenbar westlich orientierten Partei unter ihrem Fiihrer Boruth ge­lang, mit ffilfe der Baiern, awarische Angriffe zuriickzu­weisen. 13 In der Folge geriet das karantanische Gebiet un­ter den Einfluss bzw. in die Abhângigkeit der Baiern, was sich schon bald in massiven Christianisierungsbemühun­gen bemerkbar machte. 14 Mit der erfolgreichen Niederwerfung eines letzten gros­sen Aufstandes in den Jahren 769—772 durch Tassilo III., wurde das karantanische Herzogtum endgiiltig an Baiern gebunden und die Missionierung vollzogen. 15 Im Gegen­satz zu den Karantanen ruhrten die Slawen im Traungau und im Muhlviertel keine eigenstandige Bezeichnung, sie zeigen aber archàologisch ein sehr âhnliches Erscheinungs­bild. Wahrend in den Frauengrâbern praktisch idente In­ventare zu beobachten sind, liegt der Unterschied offenbar in der Ausstattung der Mânnergràber. Hier zeigen die Graber der Oberschichte ebenfalls westliche Waffen und Ausriistung, aber keine awarischen Gürtelgarnituren. Auch diese slawischen Verbande werden bzw. sind bereits unter der Herrschaft Tassilo' s des III. in die bairische Verwal­tung einbezogen. 16 Ihre archàologisch feststellbare Hinter­lassenschaft manifestiert sich vorallem im Zusammenfüh­ren bairisch-frânkischer und awarischer Kulturelemente. Im folgenden soil daher auf die Datierung dieses frühkaro­lingerzeitlichen Horizontes in Österreich eingegangen wer­den: Bedingt durch die im Ostalpenraum im reichem Masse vorhandene Verkniipfung von Objekten frànkisch-bairi­scher Prâgung mit Objekten spâtawarischer Provenienz, ist eine Beurteilung der Komplexe nur in Zusammenschau beider Chronologien möglich. Entscheidend fur die Datierung karolingerzeitlicher Kör­pergráberfelder im östlichen Alpenraum ist daher nicht nur eine gefestigte relative wie absolute Chronologie der awa­rischen Kultur, sondern, sozusagen als Kontrollinstanz, auch eine gesicherte Chronologie der spâtesten Merowin­gerzeit und der frühen Karolingerzeit. Zur Lösung der chro­nologischen Fragen des 8. und 9. Jh.s im Ostalpenraum kommt man nicht umhin, dieErgebnisse beider Chronolo­giesystemeimmerwiederkritischgegeneinanderabwâgen. Von der awarischen Seite dieses Fragenkomplexes be­miihen sich seit langem F. Daim und P. Stadler um eine Lö­sung. Nach der Bearbeitung des awarischen Graberfeldes von Sommerein 17 war F. Daim der Meinung, dass die Belegung der awarischen Friedhöfe im Wiener Becken bereits in der Zeit „um 800" abbricht. Nach der Vorlage des Awaren­friedhofes von Leobersdorf, bei der F. Daim erstmals einen nachawarenkriegszeitlichen Horizont als sog. Phase Spat­awarisch ШЬ herausgearbeitet hat, scheint dem Autor ein begrenztes kulturelles awarisches Nachleben in das 9. Jh. möglich. 18 Nach P. Stadler, der seit Jahren an der Verbesserung und Verfeinerung einer weitgehenden Gesamtsereation der awa­renzeitlichen Mànnergràberinventare Mitteleuropas arbei­tet, 19 diirfte die Verbreitung der spátawarischen Giirtelmo­de nach dem 1. Jahrzehnt des 9. Jh.s zu einem Ende gekom­men sein. Einem weitgehenden Auslaufen der spátawarischen For­men zu Beginn des 9. Jh.s hat sich auch die jiingere mahri­sche und die slowakische 20 Forschung angeschlossen. In Gebieten Mahrens und der Slowakei wurde durch die archaologische Forschung ein als Blatnica —Mikulcice­Horizont bezeichnete kulturelle Phase festgestellt, die chro­nologisch zwischen dem Ende der Spátawarenzeit und dem Beginn des grossmâhrischen Horizontes gelegen ist. Die­ser Horizont zeichnet sich vor allem durch ein lokales (?) Verschmelzen spátawarischen und frühkarolingischen For­mengutes aus und wird zwischen das letzte Jahrzehnt des 8. und das 1. Drittel des 9. Jh.s datiert. 21 Nach H. Friesinger setzen die slawischen Friedhöfe in Niederösterreich erst um 800 ein, etwa gleichzeitíg bricht seiner Meinung nach die Belegung der awarischen Fried­höfe im Osten Österreiches ab. 22 Überwiegend in das 9. Jh. datieren nach V. Tovornik auch die slawischen Graberfel­der Oberösterreichs. 23 Der Fundstoff des 8. Jahrhunderts in den rechtsrheini­schen Gebieten des Frankenreiches, der sich in zahlreichen Einzelobjekten auch im Fundstoff des Ostalpenraumes be­merkbar macht, ist im wesentlichen von F. Stein zusam­mengefasst worden. 24 Diese Arbeit hat auch heute noch weitgehende Giiltigkeit. Sie wird durch die Vorlage diver­ser Gráberfelder aus den Randgebieten des Karolingerrei­ches 25 und Verbesserungen der Detailchronologie ergânzt. 26 Ausgehend von seiner Bearbeitung der frühkarolingi­schen Waffenfunde in Österreich versucht der Verf. unter Berücksichtigung und Verkniipfung der neueren For­schungsergebnisse der spátmerowingerzeitlichen/karolin­gerzeitlichen Chronologie in Deutschland und der awaren­zeitlichen Chronologie Österreichs, den frühen Horizont

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