Zalai Múzeum 3. (Zalaegerszeg, 1991)
Mader, Brigitta: Die frühmittelalterliche Fundsituation in Friaul (Aspekte zur slawischen Siedlungschronologie)
Die frühmittelaUerlicke Fundsituation in Friaul (Aspekte zur slawischen Siedlungschronologie) 45 Gorizia nach Cividale, anzusehen, wo man 1951 im Hof des Pfarrhauses durch Zufall auf 7 W— О orientíerte Bestattungen in 70 cm Tiefe stiess (BROZZI 1963,68 u. 70; KOROSEC 1955,250 ff. u. Taf. 3/1—3; SRIBAR 1974,109,119 u. 121). Ein weiterer Beweis fiir die in ottonischer Zeit stattgefundene slawische Besiedlung wurde vor wenigen Jahren auch fur Pordenone, wo iibrigens heute noch ein Stadtteil den Namen Sclavons tràgt, erbracht. Hier wurden anlâsslich von Restaurierungsarbeiten im Laubengang des Palazzo Richieri (Corso Vittoria) 1985 Reste von menschlichen Bestattungen entdeckt. Die angeschlossene Grabung ergab 11 W — О orientíerte Bestattungen, wovon 5 Beigaben, darunter Kopfschmuckringe aus Bronze mit Knöpfchen- und S förmigen Enden, zwei gleicharmige Bügelfibeln, wieauch schon in Turrida, zwei Eisenmesser und einen einfachen, offenen Fingerring aus Bronze (BROZZI 1987, 222 ff. u. Fig. 1—11), enthielten. Zum Abschluss sei mir noch ein kurzer Exkurs über die mögliche Herkunft dieser slawischen Siedler in Friaul gestattet. Zieht man die historisch —politische Situation, die Bildung Grosskarantaniens 976 und die Ausbreitung des Patriarchats von Aquileia ab Mitte des 10. Jhs. in Betracht, so könnten die slawischen Siedler sowohl aus Karantanien als auch Krain in die Friauler Ebene gekommen sein. Linguistisch gesehen stellen die frimer angefuhrten Beispiele der slawischen Ortsnamen in der „Vastata Hungarorum" junge, in phonetischer wie morphologischer Hinsicht, bereits dem Slowenischen nahestehende Bildungen dar. Allerdings mit einer Ausnahme: in Lonca ist der alte Nasal oN erhalten! Da aile mit „loNka" („Wiese") gebildeten Toponyme den Nasal und noch nicht dessen slowenische Entsprechung о („loka") aufweisen (vg. DESINAN 1982, 302), haben die von Aquileia angesiedelten Bauern damais offenbar noch das nasale oN gesprochen. Dieser Umstand alléin ist jedoch keineswegs so ungewöhnlich, da der Prozess der Denasalisierung nicht überall gleichzeitig zum Abschluss kam. Beispiele aus abgeschiedenen Alpentalern zeugen bis ins 14. Jh. hinein von Nasalen. Gerade dièse Beobachtung aber scheint in Verbindung mit den fur die „Vastata Hungarorum" urkundlich genannten slawischen Personennamen, die ebenfalls zum Teil altertùmlich sind, von Interresse zu sein. Wir finden nàmlich 1170 und 1390 den im Alpenslawischen vertretenen Namen Prédigojő (DESINAN 1977, 204; MADER 1986,76) und stossen im Inventarverzeichnis des Klosters Santa Maria von Aquileia aus dem Jahre 1181 unter anderem auf Stojanó, Stanislav7, Vitigojó, Dobrogojó, Stan7 sowie mit -gostó, -bor7 und -goj6 gebildte Personennamen, die ebenfalls bereits im Alpenslawischen belegt sind, wobei -goj6 als ein fur das Alpenslawische besonders typischer Wortstamm gilt (KRONSTEINER1981,25ff.u. 108). Vor allem dieser schon im Alpenslawischen vertretenen Personennamen wegen, aber auch aufgrund des Nasalvorkommens, ware man vielleicht geneigt, Karantanien, wo âhnliche Alpenslawismen noch bis ins 13. und 14. Jh. fassbar sind (KRONSTEINER 1981,114 u. Karte 7), als Herkunftsgebiet den Vorzug zu geben. Dieser Gedanke findet bis zu einem gewissen Grad auch von archâologischer Seite Unterstiitzung, da die auf Friauler Boden zutage getretene Funde in typologischer Hinsicht zum Teil Zusammenhange mit dem aus der Gegend von Villach stammenden Fundmaterial aufweisen ($RIB AR — STARE 1974, 480). Gleichzeitig aber spricht gerade das Beigabenmaterial aus dem Grâberfeld von Turrida, wieder mehr fur eine Verbindung mit Krain (SRIBAR— STARE 1974,480). Allerdings stellt man sich den Weg der Migration aus Krain in die Friauler Ebene über den Norden durch das Kanaltal und den Tagliamento entlang vor (SRIBAR — STARE 1974, Abb. 1.). Es ware daher nicht völlig undenkbar, dass möglicherweise einzelne, spàtalpenslawische Gruppén aus Karantanien an der Wiederbesiedlung der von den Ungarn verwiisteten Gebiete Friauls beteiligt waren (MADER 1988,41). Woher aber die slawischen Siedler immer auch stammen mogen, so scheint doch die vorliegende archâologische Situation in Friaul dafur zu sprechen, dass jene Siedler, die in ottonischer Zeit im Anschluss an den Ungarnsturm ihre neuen Wohnsitze bezogen, sicherlich der ersten massiven slawischen Besiedlungswelle angehörten.