Zalai Múzeum 3. (Zalaegerszeg, 1991)

Szőke Béla Miklós: Zur Geschichte der Awaren und Slawen in Südwestungarn

14 Szőke Béla Miklós se gelegen, mit einem weiten Versorgungs- und Einzugsge­biet, konnte dieser Siedlungskomplex gewisse Funktionen der frühmitteialterlichen Stadt erfüllen und ein Zentrum des Binnen- und Fernhandels werden (SZÓKÉ 1976,91— 100). Die Ergebnisse der neuesten arhaologischen Forschun­gen in der Umgebung von Zalavár/Mosaburg zusammen­fassend, und die früheren Ausgrabungen im frühmitteial­terlichen Pannonién bzw. die schriftlichen Quellén neu in­teфгetierend, könnte man die Geschichte unseres Gebie­tes in der Karolingerzeit in folgender Weise skizzieren. Der Kriegszug von 791 zwischen den Armeen der Fran­kén und Awaren wurde von beiden Seiten als entscheidend eingeschatzt; obwohl die gesamte mobilisierbare Heeres­kraft des karolingischen Reiches und des awarischen Kaga­nats auf geboten wurde, endete er unentschieden. Grösseres Blutvergiessen hatten nur die innenawarischen Kriege von 795, bei denen sowohl der Kagan als auch der Jugurrus ihr Lében liessen, zur Folge. Doch gegen 797—98 kann sich das Kaganat noch einmal aufraffen, insbesondere in den westlichen Landesteilen und Grenzgebieten, die der Tudun beherrschte. Der „treulose" Tudun widersetzte sich erfolg­reich den wiederholt angreifenden fránkischen Heeren 798 und 802 (POHL 1988). Die weitere Verstarkung seiner Macht wurde vermutlich nur durch eine erfolgreiche Pa­lastrevolte des frankophilen Lagers an seinem Hof verhin­dert; der neue Tudun erschien im Jahre 803 vor Karl dem Grossen in Regensburg, nahm das Christentum an und un­terwarf sich dem fránkischen Kónig. Neuerdings dachte man wieder daran, dass ein vernichtender bulgarischer Angriff durch den Khan Krum gegen die in der Grossen Tiefebene lebenden Awaren der Ausloser fur diesen Schritt des alten — oder des neuen — Tudun gewesen sein könn­te (VÁCZY1972.; BONA 1984,343—346.; SZÓKÉ 1989). Der Hinweis im Suda-Lexikon unter dem Schlagwort „A­baris" und „Bulgaroi" der in diesem Zusammenhang zi­tiertwird(SUIDAE LEXIKON 1928,4,483-484), erfiihrt aber weder durch die Geschichte der awarisch—bulgari­schen Beziehungen, noch durch die politischen und Macht­verhaltnisse dieser Période (siehe die Kriegsziige von Khan Krum gegen Byzanz) Unterstiitzung. Die Realitat des bul­garischen Angriffes wird dadurch in Frage gestellt, dass man in den fránkischen Reichsannalen, in denen die Ereig­nisse im Karpatenbecken sonst rege verfolgt wurden, dar­iiber keine einzige Zeile lesen kann, obwohl spâter, als die sudslawischen Stamme, die frankische Untersiitzung ge­nossen, mit den Bulgaren tatsachlich in Konflikt gerieten, über jenes Ereignis detailliert berichtet wird. Es ist also wahrscheinlicher, dass den fránkischen Hof, wegen der rasch zunehmenden Kraft und Macht des Tuduns, berech­tigerweise Besorgnis überkam: er befiirchtete eine Restau­ration des awarischen Kaganats und demzufolge wurde die altbewahrte Méthode angewandt, im Kreis der den Tudun unterstützenden Adligen ein frankenfreundliches Lager zu organisieren. Der erfolgreiche Widerstand des Tuduns könnte Karl den Grossen veranlasst haben, die „awarische Frage" mit Hilfe der lokalen slawischen Machthaber zu lösen, indem diese die Teilung des awarischen Kaganats unterstiitzen. Über den Erfolg dieser Politik gibt es wenig spâter eine Nachricht, nâmlich den Übersiedlungsantrag von Kapkhan Theodoras an Karl den Grossen (ANN. REG. FRANC, a. 805). Die Scharmützel zwischen den Awaren und Slawen hörten aber nicht auf, sondera steigerten sich in so grossem Masse, dass Karl der Grosse 811 —jetzt bereits zur Vertei­digung der Awaren und zur Schlichtung der Streitigkeiten — ein Heer schicken musste. Am Ende des Jahres berief Karl der Grosse aile Interessenten, also den canisauci, den Tudun und die donaulândischen slawischen Vomehmen und Fürsten nach Regensburg, um die Machtverhàltnisse im Karpatenbecken zu ordnen (ANN. REG. FRANC, a. 811). Als Endergebnis dieser Unterhandlung wurden die, zu dieser Zeit wohl bereits ausgebildeten Machtverhâltnis­se festgesetzt, die in den folgenden Jahrzehnten das politi­sche Gesicht dieses Raumes bestimmten. Zu dieser Zeit existierten vielleicht schon die Keime der spâteren slawi­schen Fürstentümer in Mâhren, im Neutraer Gebiet und zwischen der Drau und Save. Auf Pannonién erhoben nâmlich die Frankén selbst Ansprach, daher wurde die Macht des Tuduns weiter beschrânkt; über inn hört man im weiteren nichts mehr. Den Lebensraum des awarischen Ka­ganats, das in die Grosse Ungarische Tiefebene zurack­gedrângt wurde, engten die Bulgaren kurze Zeit darauf zu­nehmend ein. Von ihnen wurden nâmlich die transsylvani­schen Salz- und Goldbergwerke erobert und das südlich an die Awaren angrenzende Land der Timocanen und Abod­riten besetzt (COM§A I960.; HOREDT 1980.; SZÓKE 1980.; FODOR 1983). Damit schliesst diese Période, in der sich die Awaren mit den Frankén und den benachbarten, teilweise fraher er­oberten slawischen Stâmmen in Kriegszustand befanden, endgültig ab. All diese Ereignisse haben jedoch nicht so viel Blutvergiessen gefordert, dass das Awarentum auch als Volk vernichtet worden ware, sind doch dieser Zeit die Sachsen oder spâter die Mâhren in viel blutigere und lânge­re Kâmpfe verwickelt gewesen und dennoch nicht verblu­tet. Die fránkischen Reichsannalen überliefera den letzten politischen Auftritt der Awaren aus dem Jahre 822, als awa­rische Gesandte am Reichstag in Frankfurt teilnahmen. Das spátere Schweigen über sie bedeutet jedoch nur, dass das awarische Kaganat als politischer Machtfaktor aufhörte zu existieren. Die Awaren entzogen sich den Kâmpfen, die die sich in den 20er und 30er Jahren des 9. Jahrhunderts orga­nisierenden slawischen Fürstentümer austragen; sie be­obachteten tatenlos die Machtkàmpfe zwischen dem mâhri­schen Fürstentum und Ostfrankenreich. Diesem wahr­scheinlich bewusst gewâhlten Abstand folgte vermutlich eine kulturelle Isolation vom Westen, als sich das Kaganat im 8. Jahrhundert kulturell und politisch zuriickzog. Nur in Richtung Osten, mit den Gebieten hinter den Kárpátén mag eine gewisse lockere Verbindung entstanden sein, was in der Siedlungskeramik, mit ihrer seit dieser Zeit auftreten­den Gefâssform und Verzierungsweise zum Ausdruck kommt (SZÓKE 1980.; MESTERHÁZY 1985).

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