„Stephan Dorffmaister pinxit”. Dorffmaister István emlékkiállítása (Zalaegerszeg, 1997)
Kostyál László: Der Kirchenmaler Stephan Dorffmaister I. 1760–1780
mystischer wirkt. Um die Apostel, die die tumbaartige Bahre umstehen und mit erhobenen Armen Maria huldigen, die von Engeln in den Himmel getragen wird, ballt sich eine mystische Wolke, die sich herabgelassen hat, um Maria in sich zu empfangen. Die im Hintergrund stehenden Gestalten kann man durch die nebelig-geheimnisvolle Stimmung nur ahnen. Auf dem wesentlich „trockeneren" Bild von Nova findet man diese Erscheinung nicht, dort ist die Szene eine fast rational beobachtbare, greifbare Wirklichkeit. Es kann sein, daß es zu einfach wäre, hinter diesem Unterschied eine Auswirkung der Franziskanermystik des 18. Jahrhunderts zu sehen, doch dürfte hier eine klare Vorgabe für den Künstler vorgelegen sein. Die zwei verschiedenen Ausführungen ein und desselben Themas weisen auf den Zwiespalt und die geistigen Veränderungen in der Malerei dieser Epoche hin, die bereits von der Aufklärung immer stärker motiviert ist. Dorffmaister vertrat in seiner Soproner „Assunta" eher noch die Barockauffassung, während er in Nova bereits mehr dem klassizisierenden Ton der neuen Geistesrichtung folgt. Als Ergebnis der zahlreichen Bestellungen des Jahres 1779 entstanden in der Dorffmaister-Werkstatt zahlreiche weitere Altarbilder, so für die Franziskaner in Felsősegesd, die Prämonstratenser in Jászó, die Benediktiner in Pannonhalma und Bakonybél. An das Ende der Siebzigerjahre vielleicht auch auf das Jahr 1779 selbst - binden sich die Altarbilder der Kirchen in Söjtör und Hímesháza. Die unter Heranziehung des Skizzenbuches des Meisters ausgeführten neueren Varianten haben wahrscheinlich die Arbeit beschleunigt und erleichtert, sie decken vielleicht sogar reine Werkstattarbeiten ab. So frischt das Bild der Söjtörer Kirche mit der „Apotheose des Heiligen Jakob des Älteren" das auf Trogersche Traditionen bauende Celldömölker Werk auf. Die „Geburt Maria" von Hímesháza zitiert die Türjeer Lösung, der noch weitere Varianten in Sásd (unsichere Datierung zwischen 1771 und 1786), 28 in Kemenessömjén (1785) und in Ötvös (1791/92) folgen. In Hímesháza verliert das Türjeer Lunettenbild durch eine Veränderung des Formats seinen antikisierenden Architekturrahmen, den der Maler durch Wolken, die die herabfliegenden Engel umhüllen, ersetzt, wie überhaupt eine wichtige Änderung des Vorbildes zu verzeichnen ist. Die bewegte Szene zeigt im Mittelpunkt das Baden der neugeborenen Maria. Im Hintergrund, etwas an den Rand gerückt, ruht die Heilige Anna im Kindbett, ein geschwungen drapiertes Handtuch und die dem Maler gut gelungene Bewegung der zwei Hebammen spannen den Bogen zwischen Mutter und Tochter. Die oben schwebenden Engel geben dem hochformatigen Bild ein kompositorisches Gleichgewicht. Letzere Lösung - mit dem Zusammenziehen von zwei ikonographischen Themen wandelt Dorffmaister spiegelbildlich bei dem durch die Dominikaner von Pécs nach Sásd gelangten Bild der „Heiligen Dreifaltigkeit" ab. Auf dem zweiten Hímesházer Altarbild „Die Heilige Maria Magdalena am Kreuz Christi" verändert der Maler den in Mesztegnyö erarbeiteten Kalvaria-Typus dadurch, daß er den von unten beleuchteten Horizont hebt. Das Haupt des sterbenden Christus sinkt auf die Brust, sein letzter, nur mehr erahnter Blick gilt der ihn anblickende, bekehrte Sünderin. Die einander zugewandten Gesichter betonen als erhörtes Gebet das tiefe Mysterium der erfüllten Erlösung. Auch von dem für Bakonybél gemalten Altarbild „Die Rückkehr der Heiligen Familie aus Ägypten" (Kat. Nr. 18.) sind mehrere Varianten erhalten. Eine davon wurde zwei Jahre später (1781) mit minimaler Veränderung für Toponár 29 gemalt. Die Darstellung der Rückkehr der Heiligen Familie ist zum Unterschied zur „Flucht nach Ägypten" ein seltenes Genre (Jesus war ja damals schon etwa 10 Jahre alt). Am Ende der behandelten Periode wurde Dorffmaister zu dem am meisten beschäftigten Maler in Westungarn. Sein Stil ist, obwohl wenig virtuos, verlässlich und attraktiv. Er erfüllte schnell und zufriedenstellend die Ansprüche seiner Zeit nach komplexer malerischer Dekoration und die Wiedergabe großer beliebter Themen. Seine Scheinarchitekturen sind meistens überzeugend, seine Kompositionen harmonisch. Seine Farbenwelt ist nicht zu aufdringlich sondern dekorativ. Er liebt Kontraste, seine Formen haben immer starke Konturen. Wegen seiner kleinen Zeichenfehler, der mangelnden eigenen Ideen - bei ähnlichen Themen wandte er, sicherlich auch aus Zeitmangel, immer wieder schon verwendete Schemata an - und einer gewissen Unbeweglichkeit konnte Dorffmaister nie zu einem echten Rivalen für Maulbertsch oder Kracker werden. Dies hat aber seiner Popularität nie Abbruch getan, ja seine Beliebtheit eher gefördert, da seine Kunst dadurch für einen breiteren Kreis erreichbar, oder besser gesagt, bezahlbar war. In der letzten Phase unseres Betrachtungszeitraumes zeigte sich immer stärker der Wandel des Zeitgeistes und obwohl dies erst in den nächsten Jahren voll durchdrang, wurde seine Art zu malen trockener, der mystische Ton wurde immer mehr in den Hintergrund gedrängt. Langsam verschwinden die ahnungsvollen Wolkengebilde, das Pathos seiner Gesichter und die Bewegung seiner Figuren ließ deutlich nach. Der Künstler vereinfacht wo er 40