A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 16. (Veszprém, 1982)
Uzsoki András: Az első magyar királyné, Gizella sírja
In den historischen Arbeiten des XVII — XVIII. Jahrhunderts taucht zum ersten Mal die in den um die Jahrhundertwende des XV. und XVI. Jahrhunderts erschienenen Arbeiten von J. Ph. Foresta Bergomensis gemachte Angabe auf, daß Gisela in der Basilika von Alba Regia (Stuhlweißenburg) beigesetzt wurde. J. Thurmaier (Aventinus), einer der bekanntesten Historiker des XVI. Jahrhunderts, behauptet in seiner in vielen Ausgaben erschienenen, „Annalium Boiorum" betitelten Arbeit eindeutig, daß Kaiser Heinrich III. Gisela aus Ungarn nach Passau brachte, wo sie die Äbtissin des Nonnenklosters und dort begraben wurde. Aventinus übernahm diese Angaben von einem Chronisten namens Felber, das Grabmal hat er persönlich studiert. Auch die im Jare 1553 im Basel erschienene Arbeit von G. Bruschius enthält diese Angaben, und sogar das von W. Hund 1582 Ingolstadt herausgegebene Buch bezeugt diese. In dem Buch „Bavaria Pia" von M. Raderus bestärkt dieser — sich direkt auf Aventinus berufend — die vorhergehenden Angaben. J. Bollandinus übernimmt als angesehener kirchlicher Historiker in seinem Werk „Acta Sanctorum Ungariae" vom ungarischen Jesuitengeschichtsschreiber M. Inchofer ebenfalls diese Gisela-Geschichte. Von Schritovinus bis Raderus schreiben alle Geschichtsschreiber, daß Gisela im Jahre 1095 gestorben ist. Dieser Irrtum stammt von der Aufschrift auf der Grabplatte des spätgotischen Hochgrabes von Giselas Grab. Diese falsche Angabe schwächte in den weiteren Diskussionen das Lager der die Echtheit des Passauer Grabes schützenden Forscher. In der ungarischen Chronikliteratur gibt es keine einzige Angabe über den Tod oder die Beerdigung von Gisela, im Gegenteil, man schwärzt sie an und beschuldigt die Königin und beschmutzt ihr beispielhaftes Leben damit, daß man sie als Verräterin und Verschwörerin beschreibt. Diese niederträchtige Erfindung entstand im ersten Drittel des XIII. Jahrhunderts, aber damals verstand man darunter Gertrud, die Frau des Königs Andreas IL, welche wirklich gegen die Ungarn wirkte. Aus den Arbeiten der Chronisten János Thuróczi und Gáspár Heltai breitete sich diese falsche Gisela-Beurteilung in der neuzeitliche und allerjüngste Geschichtsschreibung aus, welche die ungarische Geschichtsschreibung schon verbessert und geklärt hat. Die Lösung des Problems wurde von A. Bonfini, dem Geschichtsschreiber am Hofe von König Matthias, noch kompliziert. Der humanistische Chronist italienischer Herkunft schreibt, daß er in der bischhöflichen Kathedrale von Veszprém eine Aufschrift gesehen hat, die darauf verweist, daß dort Gisela, die Frau von König Stephan, und Adelheid, die Frau von König Ladislaus begraben sind. Diese unsichere Angabe von Bonfini betrachtete ein Teil der Geschichtsschreiber als unwiderlegbaren Beweis für das Gisela-Grab in Veszprém. Weder während der zu Beginn des 20. Jahrhunderts in der Kathedrale durchgeführten Bauarbeiten und Forschungen noch während der neusten Ausgrabungen wurde das Grab von Königin Gisela gefunden, deshalb muß die Angabe Bonfinis als falsch angesehen werden. Um das Jahr 1760 wurde in der Nähe von Kassa, dem heutigen Kosice, in dem Dorf Makranc (dessen heutiger slovakischer Name Moldova nad Bodvou ist) eine beschriebene Marmortafel (Gedenkstein) aus der Zeit der Renaissance gefunden. Im Sinne des lateinischen, humanistisch inspirierten Textes hat diese Peter, Bischof von Veszprém, Erzbischof von Reggio und Presbyter-Kardinal zum Gedenken an die Königinnen Gisela und Adelheid anfertigen lassen. Diese Entdekkung brachte einen frischen Diskussionsgeist ins Leben der ungarischen Historiker des XVIII. Jahrhunderts. Die Historiker bildeten zwei Lager. Die besten Wissenschaftler ihrer Zeit- unter ihnen György Pray, Dániel Cornides und István Katona — versuchten mit der Makrancer Aufschrift zu beweisen, daß Gisela in Veszprém begraben wurde, da ihrer Ansicht nach diese Renaissance-Marmortafel die Angabe von Bonfini unterstützt. Die Geschichtsschreiber József Desericzky, János Róka und Antal Gánóczy akzeptierten weder den Stein noch die Angabe von Bonfini als Beweis und betrachteten gleichzeitig das Passauer Gisela-Grab als echt. Zur Zeit der in der Fachliteratur mit barocker Heftigkeit geführten Diskussion betrachtete Ignác Koller, Bischof von Veszprém, mit seiner gesamten Autorität das Passauer Grab als das von Gisela. Er wandte sich mit der Bitte an die Königin und Kaiserin Maria Theresia, daß sie beim Papst in Rom die Überführung der sterblichen Überreste der Königin Gisela aus Passau nach Veszprém erwirken möge. Die Antwort von Papst Klemens XIV. aus dem Jahre 1771 lautete, daß man mit der Überführung der sterblichen Überreste nach Veszprém bis zur Heiligsprechung von Gisela warten sollte. Bischof Koller verstarb 1773, und danach beschäftigte man sich nicht mehr mit diesem Plan. Die Geschichtsschreiber des XIX. Jahrhunderts verwarfen aufgrund der 1854 erschienenen Arbeit des Veszpremer Bischofs János Ranolder das Passauer Gisela-Grab und behaupteten, daß Königin Gisela in Veszprém begraben liegt. Im Jahre 1908 wurde das in der Kirche des Passauer Nonnenklosters Niedernburg befindliche Grab vom Münchner Forscher Wolfgang Maria Schmid freigelegt. Während seiner Ausgrabungen fand er eine in die Erde eingegrabene Grabkammer, welche aus Feldsteinen bestand. In ihr fand er die Knochenreste einer etwa 170 cm großen, 60—70 Jahre alten Frau. Über dem Grab befand sich in Höhe des Gangniveaus der mit einem Kreuz verzierte Grabstein aus dem XL Jahrhundert, darüber das um 1420 gebaute spätgotische Hochgrab. Die Ausgrabung von Schmid bewies, daß sich das Grab von Gisela, der ersten ungarischen Königin, in Passau befindet. Die Ergebnisse seiner Forschungen gab er 1912 in deutscher und 1913 in ungarischer Sprache heraus. Trotzdem vertrat ein Teil der öffentlichen Meinung Ungarns weiterhin die Ansicht, daß Gisela nicht in Passau, sondern in Veszprém begraben wurde. Diese zweigeteilte Auffassung war auch noch in den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts weit verbreitet, als das ungarische Volk den 900. Jahrestag des Todes von König Stephan beging. In unseren Tagen argumentiert der größte Teil der Wissenschaftler für die Echtheit des Passauer Gisela-Grabes, aber der große Teil der Ortschronisten steht noch zum nichtexistierenden Veszpremer Grab. Der Veszpremer Geschichtsschreiber Jena Gutheil argumentiert in seinem in der nahen Vergangenheit erschienenen Postumus —Werk mit dem Titel „Veszprém in der Zeit der Árpádén" ausdauernd für die Veszpremer Bestattung und verwirft das Passauer Grab. Nach der Darstellung der Forschungsgeschichte des Gisela-Grabes folgt nun die ikonographische Analyse der Passauer Grabplatten aus dem XL und XV. Jahrhundert. Die Grabplatte aus dem XL Jahrhundert ist ein 154 cm langer, 54 cm breiter und etwa 30 cm starker Kalkstein. An der Seite seiner abgenutzten Fläche befindet sich ein sich kaum abhebender Rand, auf dem die Reste eines nicht zu entziffernden lateinischen Textes zu sehen sind. In der Mitte befindet sich unter einem halbkreisförmigen Bogen ein Kreuz mit tordiertem Stiel und an den beiden Seiten die Aufschrift GISYLA ABBATISSA, also Äbtissin Gisela. Auf den Stielen des Kreuzes ist die Aufschrift CRVX XPI: das Kreuz Christi, und auf den beiden horizontalen Kreuzstielen je ein Adler mit erhobenem Flügel und Bein sichtbar. Die Abkürzung NON MAI auf dem oberen Teil der 167