Kralovánszky Alán – Palágyi Sylvia szerk.: A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 13. – Történelem (Veszprém, 1978)

MOLNÁR LÁSZLÓ: A herendi porcelángyár az 1873-as bécsi világkiállítás idején

DIE HERENDER PORZELLANFABRIK ZUR ZEIT DER WIENER WELTAUSSTELLUNG 1873 Die für das europäische wirtschaftliche Leben in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts charakteristische Reihe von Welt­ausstellungen förderte in grossem Masse die Entwicklung, die Kontakte zwischen Ländern und Völkern. Die erste Welt­ausstellung in London 1851 diente als Muster für die folgen­den, die in Abhängigkeit von der Grösse des Landes und dem Reichtum seiner Kolonien auch zum Schauplatz exotischer Materialien wurden. Die Herender Porzellanfabrik, die an all diesen Ausstellungen teilnahm, erzielte zunächst im Rahmen des österreichischen Reiches, später der Österreichisch-Un­garischen Monarchie bedeutende Erfolge. Die an den euro­päischen Verhältnissen gemessen rückständige Manufaktur im Besitz und unter der Leitung von Móricz Fischer trat immer mit besonderen Porzellanwerken auf. Die regelmässige Betei­ligung an den Ausstellungen wirkte sich dermassen auf die Produktion aus, dass jene Jahrzehnte lediglich im Zeichen der Vorbereitung von einer Ausstellung auf die andere vergingen. In der 2. Hälfte insbesondere aber im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts wurden in Herend noch immer die damals schon klassisch genannten Rokoko-und Barock-Porzellane des 18. Jahrhunderts hergestellt. Ausser den europäischen Stil­richtungen spielte in Material auch das Orientalische eine be­deutende Rolle, die Ausstellung chinesischer und japanischer Besonderheiten und Imitationen. Die wirtschaftliche Lage dieser Periode wurde bestimmt durch die erste Weltkrise der kapitalistischen Produktion im Jahre 1873. Freilich wirkte sich diese auch auf die patriarchalische Manufaktur aus: wenn auch nicht im gleichen Jahr, wohl aber ein Jahr später kam es in Herend zum Bankrott. Die Porzellanherstellung war damals innerhalb der Mo­narchie quantitativ sehr gering. In jeder Hinsicht, sowohl in der technischen Ausrüstung als auch in den künstlerischen Zielsetzungen machte sich der Rückstand bemerkbar. Durch die Einfuhr aus verschiedenen Gebieten der Monarchie waren vor allem die Produkte der tschechischen Fabriken gesucht, diese wurden vor allem gekauft, weil sie billig waren. Nicht nur war die Ausfuhr minimal, sondern in den Jahren 1870­1875 infogle ihrer kleinen Menge einfach nicht messbar. Gleichzeitig war die Gründung des selbständigen Museums für Kunstgewerbe und dessen Versorgung mit dem entsprechen­den Material ein Zeichen des grossen heimischen Interesses der damaligen Zeit für das Kunstgewerbe. In dieser Zeit wur­den die Ansichten von Morris und Ruski.i über das zeitge­mässe Kunstgewerbe, über die Möglichkeiten, wie Gebrauchs­gegenstände schön zu gestalten sind, auch in Ungarn bekannt. In der heimischen Keramikkunst waren die feinen Fayence­produkte der Zsolnay Fabrik in Pécs von Bedeutung. Beson­ders bei den Weltausstellungen erregten diese im Kreis des entstehenden Grossbürgertums grosses Aufsehen. Die Wiener Weltausstellung 1873 versuchte einerseits die wirtschaftlichen Probleme des schwach entwickelten öster­reichischen Reiches zur Zeit der Krise zu verhüllen, anderer­seits hatte sie die Absicht, Beziehungen herzustellen, die zum Aufschwung der Industrie führen sollten, wobei allerdings auch nicht ausser Acht gelassen werden darf, dass im gleichen Jahr der 25. Jahrestag der Thronbesteigung des Kaisers be­gangen wurde. Das kunstgewerbliche Gesamtbüd der Auss­tellung war die Schau eines Produktionsquerschnitts mit bürgerlichem Geschmack und mit kleingewerblichen Metho­den. Ausser den Fabriken von Herend und Pécs beteüigten sich an der Ausstellung Töpfer und Ofensetzer als Repräsen­tanten des heimischen Keramikgewerbes. Die kunst- und wis­senschaftsgeschichtliche Bedeutung der Wiener Ausstellung für Herend bestand darin, dass die zur Schau gestellten Por­zellane vom hervorragenden Kunsthistoriker J. v. Falke ein­gehend analysiert wurden, wobei er auf ihren ausgezeichneten imitativen Charakter hinwies, was 1873 in Kreisen des sich nach der Romantik sehnenden Grossbürgertums als sehr aner­kennend galt. Die Herender Porzellanfabrik befand sich in diesen Jahren eigentlich noch immer in dem rückständigen Zustand, wie im Jahre 1839, als sie durch Móricz Fischer organisiert, und eine grössere Investition begonnen wurde. Die Ausrüstung ent­sprach der einer Manufaktur, sie stand im Dienste einer Pro­duktion handwerklichen Charakters. Die angestellten Maler und Modellierer waren schlesicher oder tschechischer Her­kunft, kaum gab es unter ihnen damals Ungarn. Die künstle­rische Konzeption bestand in der Nachahmung der bereits traditionell gewordenen Klassiker, und die Produktion wider­spiegelte eine piece-unique-Auffassung. Unter den künstle­rischen Ergebnissen ist vor allem das damals entstandene „Gödöllő"' -Service zu erwähnen, das gleichfalls aus der Um­gestaltung eines in der Fabrik bereits bekannten orientali­schen emaillebemalten Musters entstanden ist, nach einer grösseren Bestellung des Herrschers. Die orientalisch beein­flussten Muster erschienen bei der Wiener Ausstellung in grös­serer Zahl, was ein Zeichen des Zunehmenden Interesses für das Exotische war. In der Jury war Ungarn durch Vümos Zsolnay und Fri­gyes Szumrák, Direktor einer Glasfabrik, vertreten. Die aus­gestellten Keramiken, Glasprodukte und Porzellane zeugten in ihrem Gesamtbild von der Verbreitung und Anwendung der Neostile. Auf diese Erscheinung wurden auch die Kritiker aufmerksam, und vielleicht infolgedessen wurden auch die Herender Porzellane geschätzt, wobei neben ihrem imitieren­den Charakter die Eklektizität und gewisse ihrer „neo"-Wir­kungen unberücksichtigt blieben. Die in ihrer Mehrheit loben­den Kritiken der Wiener Ausstellung drückten besonders in Bezug auf Herend der ganzen Periode im 19. Jahrhundert ihren Stempel auf. Um die Mitte der 70er Jahre wurde die Krise auch in Herend bemerkbar. Den Erfolgen in Wien fehlte die wirt­schaftliche Basis und sie führte lediglich nicht zu den erhoff­ten Ergebnissen. Finanziell ging das Unternehmen völlig zug­runde, Kinder und andere Familienmitglieder des Besitzers, die verschiedene Betriebe der Fabrik leiteten, wollten an der erkannten Rückständigkeit ändern. Sie legten ihre Vorstellun­gen in einef Denkschrift der Öffentlichkeit vor. Das apellar­tige Dokument gab einen Überblick über die auch schon damals jahrhundertealte Geschichte, die Ergebnisse der Fab­rik und steckte den Ausweg in der Umstellung auf Massen­produktion ab, unter Zuhilfenahme eines grösseren Kredites, mit einer gewissen Modernisierung. Der Apell erzielte den erwünschten Erfolg nicht, so kam es in der Produktion und in der Kunst der Herender Manufaktur zu einer beinahe zwei Jahrzehnte langen Stagnation. Anschrift des Verfassers: Dr. Molnár László Eötvös Loránd Tudományegyetem Bölcsészettudományi kar Művészettörténeti Tanszék H—1052 Budapest Pesti B. u. 1. 288

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