A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 9. (Veszprém, 1970)
Veress D. Csaba: Veszprém megye felszabadításának története (1944. december 3.–1945. március 30.)
Kriegshistorische Begebenheiten der Befreiung des Komitats Veszprém im Zweiten Weltkrieg Die Studie befaßt sich mit den auf Ungarn bezüglichen Belangen des vierten und vorletzten Jahres des Zweiten Weltkriegs. Die Darlegungen beginnen mit dem am 19. März 1944 erfolgten Einmarsch der Hitler-Truppen, der zur Besetzung ganz Ungarns führte. Die Besetzung des Landes hatte natürlich auch für das Gebiet des Komitats Veszprém verheerende Folgen. Damit öffnete sich ein neues Kapitel in der jahrhundertelangen militärischen Geschichte des Komitats. Mit dem 19. März 1944 bekam die Bevölkerung des Komitats die Brutalität des Krieges auch unmittelbar zu spüren. Den Anfang machte die unmenschliche Deportierung der Bevölkerung jüdischen Glaubens. Dies bedeutete im Endergebnis die fast vollkommene Ausrottung dieses Bevölkerungsteiles, da ja nur ein unbedeutender Bruchteil die Katastrophe überlebte und den heimatlichen Boden wieder betreten konnte. Eine andere und diesmal die gesamte Bevölkerung des Komitats treffende Folge der Invasion war der Beginn der englisch-amerikanischen Fliegerangriffe gegen die kriegswirtschaftlich wichtigen Industrieanlagen und Siedlungen auf dem Boden des Komitats. Die verheerendsten waren die beiden Bombenangriffe am 14. Juni und 14. Juli 1944 gegen die Anlagen der Stickstoffwerke in der Gemarkung der Ortschaft Pét. Im Mittelpinkt der Betrachtungen des Autors stehen die Bodenkämpfe auf dem Gebiet des Komitats. Das Ausmaß dieser Bodenkämpfe ist fast einzigartig unter den Komitaten des Landes. Dies aus dem Grunde, weil das Komitat mit zu \enen unglücklichen Teilen des Landes gehörte, auf denen das Kriegsgeschehen lange Zeit hindurch als stehende Kampfhandlung wütete. Diese Kampfhandlungen gingen im Rahmen zweier großer Operationen der sowjetischen Roten Armee vor sich. Die Verbände der III. Ukrainischen Front erreichten im Zuge der sog. „Operation Budapest" als erste das Gebiet des Komitats, u. zw. am 3. Dezember 1944, also in der Anfangsphase der großangelegten Operation. Dies geschah, als sie am Nordufer des Sió-Kanals die von den Hitler-Truppen in überstürzter Hast ausgebaute sog. „Eugen-Linie" auf ihrem Anmarschweg fast mit einem Schlag durchbrachen und bereits fünf Tage später im Vorfeld des Verteidigungsbereichs der von der hitlerischen Kriegsführung mit so großen Hoffnungen ausgebauten und gehaltenen „Margareten-Linie" erschienen. In der Zeit vom 3. bis 20. Dezember 1944 spielten sich in diesem Räume jene Kampfhandlungen ab, deren wichtigstes Ziel die Sicherung geeigneter taktischer Ausgangsstellungen war. (Siehe die im Abschnitt Balatonfőkajár-Csajág und Polgárdi stattgehabten Operationen!) Der Durchbruchsangriff began am 20. Dezember 1944 mit dem Erfolg, daß das 21. Schützenkorps der 4. sowjetischen Garde-Armeegruppe die südöstlichen Gebietsteile des Komitats besetzte und befreite. Ende des Monats Dezember wurde aber aus operativen Überlegungen der Vorstoß nach Westen abgebremst. Die III. Ukrainische Front verfügte nämlich nicht mehr über die erforderlichen Kräfte, um gleichzeitig mit dem Angriff gegen die im Räume von Budapest eingeschlossenen deutschen und ungarischen Truppenteile auch den Vorstoß in westlicher Richtung voranzutreiben. Derart entwickelte sich auf dem südöstlichen Gebiet des Komitats eine stehende Kriegsführung. Während es seitens der sowjetischen Truppen hier lediglich zur Verbesserung taktischer Ausgangspositionen zu kleineren und größeren, räumlich begrenzten Einzelaktionen kam, erfuhr die Aktivität der Hitler-Truppen gegen Mitte des Monats Januar 1945 einen merklichen Auftrieb. Der dritte, unter der Bezeichnung „Unternehmen Konrad III." in Gang gesetzte Entsetzungsversuch dieser Truppen zur Befreiugn der im Raum von Budapest eingeschlossenen Reste der deutschen und ungarischen Truppen wurde von der deutschen Heeresleitung am 18. Januar 1945 von dem Gebiet des Komitats Veszprém aus eingeleitet. Infolge des anfangs raschen Vorstoßes der Deutschen verlegten sich die Fronten vom Gebiet des Komitats. Als jedoch am 26. Januar die sowjetischen Truppen zum Gegenangriff ansetzten, wurde das Gebiet des Komitats (Bezirk Enying) wieder der Schauplatz erbitterter Kämpfe und den Deutschen gelang es vorübergehend, sich in den Stellungen der sog. „Margareten-Linie" zu behaupten. Nach der am 13. Februar 1945 erfolgten Befreiung der Haupstadt Budapest versuchte die deutsche Heeresleitung dem von Woche zu Woche immer mehr drohenden direkten sowjetischen Großangriff gegen das eigentliche Gebiet des Dritten Reiches durch eine „Frühlingserwachen" genannte Angriffshandlung größten Stils zuvorzukommen. Ausgangspunkt dieser Operation wurde wiederum das Gebiet des Komitats. Diese Operation startete am 6. März 1945, konnte aber kaum über die Grenzen des Komitats Raum gewinnen. Die Angreifer blieben in einem vom Sió- und Sárvíz-Kanal begrenzten Dreieck liegen. Auf den sanft gewellten Höhen des Bezirks Enying kam der Vorstoß jener 6. deutschen SS-Panzerarmee zum Erliegen, die noch vor drei Monaten in den Ardennen die ostwärts vordringenden amerikanischen Verbände zu schweren Abwehrkämpfen nötigte. Am 16. März 1945, dem zehnten Tag des massiven deutschen Panzerangriffs setzte die sowjetische Heeresführung zum Gegenangriff an. Der Operationsplan richtete sich auf eine weitausgreifende Umklammerung und nur mit knapper Not konnten sich zwei ganze deutsche Armeen auf dem Gebiet des Sárrét der tödlichen Gefahr entziehen. Die deutsche Heeresleitung hatte es nur ihren mit letzter Verzweiflung kämpfenden Verbänden zu verdanken, daß dieser so unglücklich ausgeklügelte Angriffsversuch nicht in eine einzigartige Katastrophe ausartete. Dem überwiegenden Teil der deutschen Angriffsdivisionen gelang es, sich noch rechtzeitig der sowjetischen Zangenoperation zu entwinden, aber die fluchtartig westwärts abziehenden deutschen Divisionen büßten ihre Kampfkraft unter den Schlägen der nachdrängenden Sowjettruppen völlig ein. So kam es in der Zeit vom 16. bis 31. März 1945 auf den Wegen und Straßen des Komitats zu mörderischen Kämpfen mit den in fliegender Hast zurückflutenden deutschen Heeresteilen. Vergeblich wollte Guderian, der Generalstabschef der deutschen Panzerwaffe, seine weichenden Divisionen mit wiederholten drastischen Befehlen zum Stehen und zum standhaften Ausharren bringen. Vergeblich posaunte er die warnenden Kommandos, „es gehe nunmehr um die geheiligten Grenzen des Reiches selbst!", — es gab für die aufs Haupt geschlagenen Hitlertruppen keinen Halt mehr. Die eine oder andere Division versuchte vielleicht da und dort noch 24 Stunden standzuhalten und Atem zu schöpfen ; dann aber war im Trommelfeuer der sowjetischen Artillerie jeder Widerstand gebrochen. Die vernichtend geschlagenen deutschen Soldaten vermochten dem Ansturm der sowjetischen Panzer nicht mehr standzuhalten. Die siegesbewußt vorstürmenden sowjetischen Truppen rangen jeden Widerstand nieder. Ihre Fußstapfen deuteten den Anbruch einer neuen Epoche: Das freie und demokratische Ungarn ward geboren ! Csaba D. Veress 326