A Veszprém Megyei Múzeumok Közleményei 4. (Veszprém, 1965)
Nagybákay Péter: Veszprémi és Veszprém megyi céhkorsók
ten und mit Reliefs versehenen irdenen Krug der Dorfhafner zufriedenstellen mußte. Als metallene Zunftgeschirre aus dem Gebiete des einstigen Komitats Veszprém sind uns 5 Stück erhalten geblieben. (Ein Pokal, ein Becher, zwei Kannen und ein Trichter.) Dagegen sind uns 90 Stück der grünglasierten, mit Reliefs verzierten Zunftkrüge bekannt, die zwischen 1721 —1896 verfertigt worden sind. Die Entwicklung der Formen und der Mündungskonturen der Krüge ist auf den Abb. 58—62 veranschaulicht. Ihre Höhe beträgt 35—40 cm, ihr Rauminhalt umfaßt etwa 10 —14 Liter. Dem Aufsatze wurden 79 Photoaufnahmen von 57 Zunftgefäßen des Komitats Veszprém beigefügt. Die Verzierungstechnik der Krüge bildet in erster Linie die Gravierung (Eingraben) und das Relief. Verzierungselemente sind: die Rahmen der Embleme, meist in der Form eines Herzens oder Kranzes, zuweilen auch eines Schildes oder einer Cartouche; die Wappentiere, so der Doppeladler, als Sinnbild des kaiserlichen Privilegs, oder zwei steigende Löwen als Schildhalter der Handwerkswappen, typische Motive der die Wappen des Adels nachahmenden Zunftheraldik; volkstümliche Vogelfiguren, Hirsche usw.; es kommen auch kirchliche Motive vor; endlich sieht man an den meisten Krügen außer geometrischen Verzierungselementen die verschiedensten volkstümlichen Ranken-, Blätter- und Blumenornamente, wie Tulpen, Nelken, Sonnenblumen usw. Die Hauptzierden der Krüge bilden jedoch die Zunftinsignien (Zunftwappen), die in der erwähnten, meist herzförmigen Einfassung an der Brust des Doppeladlers, oder zwischen den steigenden Löwen angebracht worden sind. Zu den Zunftinsignien wurden in der Regel die Werkzeuge und Erzeugnisse des Handwerkes herangezogen. So hatten Witschker (bicskia), Kolben (musta), Kürschnerbank (kaszaszék), Stiefel usw. als Insignien die Gerber, Schuhmacher und Kürschner; Hammer, Amboß, Hufeisen, Rad und Ziehmesser die Schmiede und Wagner; Schlüssel die Schlosser ; Faß und Zirkel die Binder. Auf dem Krug der Feldflaschenmacher sehen wir eine Feldflasche, auf dem der Hafner eine Töpferscheibe und einen sog. „italienischen Krug". Besonderes Interesse verdienen die Werkzeuge, die an den Zunftkrügen des Textilgewerbes abgebildet sind (Tuchmacher, Weber r Köpernichschneider, Schneider). So stellt z. B. der Krug der Weber von Várpalota (1844) eine Menge von Weberwerkzeugen dar und veranschaulicht auf diese Weise eine nahezu komplette Weberwerkstatt. Die meisten Inschriften der Zunftkrüge des Komitats Veszprém sind eingegraben. Diese enthalten den Namen, den Wirkungsort der Zunft, das Namenverzeichnis der Zunftleiter, die Herstellungszeit und manchmal auch den Namen desHafnermeisters, in dessen Werkstatt der Krug gefertigt wurde. Außerdem finden wir unter den Inschriften bei den Trinkgelagen übliche Trinksprüche, an die Vaterlandsliebe und Freundschaft aneifernde Strophen, oder lustige, zum Trinken aufmunternde Sprüche. Die Inschriften sind — mit einer Ausnahme —in ungarischer Sprache verfaßt. Die Krüge sind zum größten Teil im BakonyMuseum zu Veszprém aufbewahrt. Eine bedeutende Gruppe befindet sich im Budapester Museum für Volkskunde. Auch in verschiedenen anderen Sammlungen sind einige Exemplare zu finden. Die publizierten Krüge wurden zumeist im Komitat Veszprém gefertigt und zwar die prunkvollsten und charakteristischsten in Várpalota. Mit ihrer volkstümlichen Ornamentik und ihren heraldischen Darstellungen, mit der Veranschaulichung der sich im Aussterben befindenden, alten Werkzeuge und mit ihren treffenden, kernigen Inschriften bilden die grünen, bleiglasierten und mit Reliefauflagen versehenen Zunftkrüge aus Stadt und Komitat Veszprém — als charakteristische Erzeugnisse des volkstümlichen Töperhandwerks — wertvolle Reliquien der Kulturgeschichte Transdanubiens aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Péter Nagybálcay 200