Gopcsa Katalin (szerk.): Egry (Budapest, 2005)

wie sich neben der Aneignung des handwerklichen Könnens seine Naturbetrachtung entwickelt, wie durch eigene Er­fahrungen sein Gespür für die sozialen Themen intensiver wird und wie sich all dies oftmals wie ein Ausschnitt in den Kompositionen offenbart. Die Szenen mit Arbeitergestalten und Besitzlosen widerspiegeln die leidenschaftliche Kraft, mit der Egry diese Situationen durchlebte. Das gemeinsame Erleben autorisiert auch das Bild Vor dem Nachtasyl (Abb. 7). In Paris malte Egry das Thema noch einmal, und in der Gestalt auf der rechten Seite können wir den jungen Egry erkennen. Lajos Fülep hob die naturalistische Anordnung hervor, bei der das Vorbild in der Unmittelbarkeit des realen Lebens die Wirkung der Notwendigkeit erzeugt. Eine Überraschung war das kürzlich im Œuvre von Egry entdeckte Gemälde mit der Darstellung des Donauknies (Abb. 2) um 1904. Lenke Haulisch misst dem Bild in ab­getönter Lasurmalerei unter verschiedenen Aspekten große Bedeutung bei: Es zeigt eine erhabene Landschaft, in der sich die immer breiter werdende Donau, einen doppelten elliptischen Bogen zeichnend, von Pilismarót über Dömös nach Visegrád dahinschlängelt, hinter den Wolken, die be­drohlich die Landschaft verdunkeln, das Licht die Dunkel­heit durchbricht, und die Sonne als Quelle einer Strahlung höherer Ordnung das Material verklärt. Eine große Rolle im „Reifeprozess" des Künstlers spielten die 1904 in München verbrachten Wochen und die Paris­Reise 1905-1906. In Paris ließ sich Egry an der Julian-Aka­demie immatrikulieren, empfand die Lehrmethoden aber als Fessel und blieb der Akademie schon bald fern. „Trotzdem habe ich Paris in meiner Entwicklung viel zu verdanken", schrieb er später in seinen Memoiren, „... dort erkannte ich, auf welchem Fundament all die zu meiner Entwicklung notwendigen Werte ruhten, die ich bis dahin nicht gekannt hatte... ich schätzte besonders Gauguin, Van Gogh, Puvis de Chavannes und die Schule von Barbizon". In Paris malte er mit Vorliebe den Wald in der Umgebung der Stadt, die Häfen und das Seine-Ufer. In dieser Zeit be­vorzugte er die oft mit einer Farbe - in Varianten des war­men Brauntons oder in Siena-Rot - mal dichter, mal dünner mit lockeren Pinselstrichen gemalten Kompositionen. Früher war das verklärte, andächtige Antlitz des Weihlichen Kopfes von 1903 (Abb. 3) in dieser Technik entstanden, in Paris zeigt nun ein Bild vom Seine-Ufer in ähnlicher Mal­weise die still unter den Bäumen schaukelnden Kähne (Abb. 5). Auf der Rückseite eines anderen in Paris entstandenen Landschaftsbildes zeichnete er mit leichten braunen Pinsel­strichen die Figur des heiligen Sebastian auf die Pappe (Abb. 4). 1912 malte er abermals auf die Rückseite eines Gemäldes - des Selbstbildnisses in Dreiviertclfigur (Abb. 15) - mit eben­solchen leichten braunen Pinselstrichen die Studie zum Bild Symbol (Abb. 14). Der mit braunen Konturen skizzierte Akt des gekreuzigten Christus kommt der früheren hervorra­genden anatomischen Aktzeichnung des Sankt Sebastian nahe. Die gleichen kräftigen dunkelbraunen Konturen ver­wendete Egry 1918 auch bei der Färb lithographie Maler ­Bildhauer, die für die Galerie des Kunsthandels entstand: Der vor dem Hintergrund eines Gebäudes mit Tympanon (Tem­pel der Kunst?) in Kontrapost gestellte männliche Akt blickt auf eine kleine Plastik, die er in der erhobenen rechten Hand hält (S. 76). Egrys frühe Werke zeigen gleichermaßen realistische, naturalistische und impressionistische Einflüsse, die mit Jugendstilelementen vermischt sind. Die Anerkennung des Malers wurde vor allem 1909 durch den Erfolg seiner Ausstellung im Künstlerhaus begründet. In der Zeitschrift Hét (Woche) rühmt ihn ein mit „rm" zeich­nender Autor (vermutlich der Kunstkritiker Miklós Rózsa): „... dieser junge Mann, der Budapest innerhalb von vierund­zwanzig Stunden eroberte, von dem Künstler und Kunst­freunde in der Apostrophierung eines neuen, eines ungari­schen Millet sprechen..." Das Künstlerhaus spielte auch als geistige Gemeinschaft in der Entwicklung Egrys eine Rolle. Schauplätze des Budapester Künstlerlebens waren die Kaffee­häuser. Egry war in der Tischgesellschaft des Künstlerklubs Fészek und auch im Kaffeehaus Japan Stammgast. Diese freundschaftlichen Beziehungen zu den Künstlerkreisen wirkten sich ebenso auf seine geistig-künstlerische Entwick­lung aus wie die bedeutenden Ausstellungen jener Zeit - die 1909 im Nationalsalon gezeigte Ausstellung Moderne franzö­sische Großmeister und die Meunier-Ausstellung -, die ihn aller Wahrscheinlichkeit nach 1911-1912 zu seiner Belgien­Reise inspirierten. Seine Bilder aus den Jahren 1910-1912 zeigen Hafenarbeiter, Schauerleute (Abb. 12), Holzverlader oder Landarbeiter. Alle diese Figuren erscheinen in selbst­sicherer Haltung, als würden sie auf irgend etwas warten. Es sind Meunier-Figuren in konstruktiver Bildstruktur, der Maler fühlt sich mit ihnen solidarisch. Noch aus Paris hatte Egry stark karikierte Zeichnungen an das ungarische Witzblatt Fidibusz geschickt. Später als die Zeitung 1908 eingestellt wurde, hielt er Kontakt zu dem Nachfolgeblatt Izé. Sein Monograph Sándor Láncz meint, in den hier veröffentlichten Zeichnungen die Umgestaltung in der bildlichen Welt des Malers verfolgen zu können. Nach

Next

/
Oldalképek
Tartalom