Gopcsa Katalin (szerk.): Egry (Budapest, 2005)

Die Bilder Dunstiges Licht der Luftspiegelung und Pflügen mit vier Ochsen (Abb. 30) variieren ein und dieselbe auf dem Rhythmus von Wellenlinien beruhende Komposition. Es er­klingt aber mit der Figur des „heiter vor sich hin pfeifenden" pflügenden Bauern auch schon ein befreiter Ton, der sich 1934 in dem feinen Humor des Schweinehirten (Abb. 67) äußert, und dieser scheinbar aus dem Märchen stammende Schweinehirt ist unmittelbar verwandt mit den Figuren der Krippenspieler (Abb. 46), die an die kompakte Darstellungs­weise und die Klarheit der Volkskunst erinnern. Die am Weihnachtsabend mit langen angeklebten Barten und der aus Papier gebastelten Krippe andächtig die Bethlehemszene vortragenden Kinder neben dem einfachen, bescheidenen und doch feierlich mit Wein und Kolatschen gedeckten Tisch strahlen eine so intime Festtagsstimmung aus, die in ihrer Einfachheit zwar das malerische Können verdeckt, dafür aber um so mehr die dahinter stehende moralische Kraft und Betrachtungsweise zum Ausdruck bringt. Und der Wanderer mit dem Esel auf einem der golden leuchtenden Bilder aus Italien, dem Gemälde In den Bergen von Taormina (Abb. 38), „der die Sonne auf dem Kopf trägt wie ein neuer Bauern-Apoll, hinter ihm die Berge und die Bäume, die sich auflösen und im Licht neu erschaffen wer­den", könnte ein Bruder von dem Mann mit Esel (Abb. 48) sein, der vor sich hin pfeifend am Hügel von Badacsony un­ter kugelförmigen Bäumen dahinwandert. Diese Verwandtschaft, diese Einheit zwischen den Bala­ton- und den Italienwerken Egrys finden wir nicht nur bei den Landschafts- und Menschendarstellungen, sie bezieht sich auf sein ganzes Lebenswerk. Es trifft zu, was Máriusz Rabinovszky 1934 schrieb: „Egrys Italienreise (1930) be­deutete keinen Wandel in seiner Kunst. Das war auch gar nicht möglich, denn das reale Motiv war für ihn nur der Anlass, nicht aber der Inhalt." In der Fachliteratur zur Malerei Egrys hat Júlia Szabó auf eine Analogie zu Bartók verwiesen, als sie vom Balaton, dem Hauptmotiv des Malers sprach. Der See ist für ihn Zuflucht, die Inspiration seiner Kunst, die reine Quelle seines Lebens. Die einem Bekenntnis gleichkommenden Erklärungen Egrys zu anderen Werken helfen uns, den Künstler zu ver­stehen. „Mich interessieren Raum und Unendlichkeit. Da ist zum Beispiel eine Frauenfigur. Sie schreit in irgend eine Richtung. Mich interessiert der sich im Unendlichen ver­lierende Schrei. Jeder malt das Licht verwaschen. Mich fesselt das Licht an sich. Die Atmosphäre, die eine Architek­tur hat. Bei mir bekommen Licht und Dunst eine Form und sie füllen, so wie die Figur, den Raum aus." Die Figur, die das Bild ausfüllt, ist in diesem Fall eine weibliche Gestalt am Berührungspunkt von Erde und Wasser, um sie herum verlieren alle Details ihre Gegenständlichkeit und wandeln sich im Zeichen der Relation zum unendlichen Raum. Der Schrei der Frau symbolisiert die Kontaktaufnahme des Men­schen mit dem All (Abb. 54). Bei den Balatonlandschaften Egrys ist die jeweilige Land­schaft, die Ansicht nicht nur vermutlich, sondern tatsächlich der Ausgangspunkt. Die bestimmenden Faktoren sind die Balatonatmosphäre, die Luft, der Dunst, die Wasserspiegelung und das als malerische Inspiration wirkende Gegenlicht. Dieser Gegenlicht-Effekt, der in der Geschichte der Foto­grafie so entscheidende Bedeutung hatte, war auch für zahl­reiche Werke von Egry bestimmend, und wurde bei ihm doch umgewandelt, da der Maler die vollständige Erscheinung beobachten und darstellen wollte. Die Lichtbündel, die Lichtsäulen und die einander kreuzenden Lichtstrahlen schaffen eine lyrische Atmosphäre und werden zu prägen­den Strukturelementen der Bilder. Die Flächen im Raum schichten sich immer komplizierter übereinander, die in leichter Ordnung miteinander verbundenen Ebenen sind die essentiell komprimierten Elemente der gegebenen Land­schaft. Die Bogen der Uferlinien, die das Wasser rahmenden Berge am jenseitigen Ufer und die manchmal nach rechts hinaufbiegenden, oftmals auch parallel zur horizontalen Bildebene verlaufenden Wege, die eine wichtige Rolle spielen, bestimmen die Bildstruktur. Im Hinblick auf das gesamte Lebenswerk scheinen die in der Ikonographie oftmals bestimmenden Richtungen bei den Gemälden von Egry ihre Gültigkeit zu verlieren. Auch wenn auf dem Bild der abschüssige Weg quer von rechts nach links verläuft, ist das Hauptmotiv, der Hauptakteur des Bildes doch die Figur, der Maler, der mit einem Papierbündel unter dem Arm in die Landschaft schreitet (Maler im Sonnenlicht, um 1930, Abb. 44.), und die Betonung liegt wieder - wie meistens bei seinen figürlichen Landschaftsbildern vom Balaton - auf der Harmonie, auf der Einheit, bei der das Individuum zwar dargestellt wird, die Gestalt aber mit der Landschaft ver­bunden ist, sich mit ihr identifiziert und mit ihr eins wird. Dieser Landschaftsraum ist für Egry als sakraler Raum auch der Schauplatz seiner biblischen Szenen. Der See wird die Umgebung, in der die feierlichen Zeremonien visionär erscheinen. Johannes der Täufer (Abb. 37) nimmt mit dem Wasser des Balaton die Taufe vor, Sankt Christophorus trägt hier, von einem Lichtschein umrahmt, das Jesuskind, ge-

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