Katalin Gellér: Die künstler-kolonie in Gödöllő 1901-1920 (Gödöllő, 2001)

GRAPHIK UND BUCHILLUSTRATION Ihre Ideen brachten sie vor allem in Graphiken zum Ausdruck, formulierten zumeist dekorative Allegorien, tolstoianische, buddhistische und theosophische Lehren, Sándor Nagy stellte Nietzsches Zarathustra als nackte Figur dar, die auf einem Berggipfel steht und die Sonnenstrahlen ihrer Laute zupft (1905), In den meisten seiner von 1902 bis 1905 entstande­nen Arbeiten stellte er als einer der ersten die Themen dar, welche die Philosophen und Schriftsteller beschäftigten. In seinen Federzeichnungen formulierte er zumeist die Stufen der moralischen Entwicklung und der Suche nach der Vervoll­kommnung. Zu dieser Zeit wurde die Nacktheit in seinem Werken zum Symbol des Menschen, der die höchste Stufe der Selbsterkenntnis erreicht hat. Seine Auffassung zeigt auch Verwandtschaft mit der Anthroposophie Rudolf Steiners. Sándor Nagy war der erste Vertreter der symbolistischen Graphik in Ungarn, er schuf Phantasiezeichnungen mit kapri­ziösen Linienläufen sowie didaktische Liniengeschichten. Den­noch kann man seine übervollen, bis ins Detail ausgearbei­teten Graphiken, die oft der textuellen Erläuterung bedurften, als die Anfänge des Surrealismus betrachten. Im Gegensatz zu Nagys Tuschezeichnungen und dünnen „Kupferstichlinien" erstellte Körösföi-Kriesch synthetisierende Zeichnungen und Lithographien mit dicken Konturen. Obwohl es in Ungarn keine der Keimscott Press von William Morris ähnliche Druckerei gab, schufen die Gödöllöer auch in der Buchillustration Neues. Die meisten von ihnen waren her­ausragende Graphiker und Illustratoren. Das 1903 erschiene­ne Buch von Elek Koronghi Lippich mit Illustrationen von Körösföi-Kriesch und Sándor Nagy bezeichnete die zeitge­nössische Kritik als das erste ungarische Kunstbuch. Sie schlössen sich der Initiative der namhaften Schriftsteller an, die die Neuauflage von Jenő Komjáthys Gedichten plan­ten und in ihm den Vorläufer des ungarischen Symbolismus entdeckt hatten. In seiner Reihe von Illustrationen (1905) zu Komjáthys Gedichten stellte Sándor Nagy unter Verwendung romantischer und Jugendstilsymbolik die Einheit von Mensch und Kosmos dar. Er hatte sich bereits mit früheren Illustra­tionen einen Namen gemacht, und auch Endre Ady bat ihn um eine Titelseite für seinen ersten Band („Neue Gedichte" [Új versek], 1906). Die Gödöllöer illustrierten in erster Linie die Werke von Schriftstellern und Dichtern mit einer der ihren verwandten Ideenwelt, darunter je einen Band der Vertreter der anarchis­tischen Bewegung: Ervin Batthyány, József Migray und Jenő Henrik Schmitt. Vor allem diese Graphiken und Illustrationen belegen, daß sie aktiv an der Bewegung der ersten Jahre des 20. Jahrhun­derts teilnahmen, die aufrührerische und neuerische Ideen integrierte. Die Worte Dezső Kosztolányis, mit denen er die Zuhörerschaft der Négyesi-Seminarien beschrieb, treffen auch Aladár Körösfói-Krieschs und Sándor Nagys Illustrationen zu Elek Koronghi Lippichs Gedichten / Budapest 1903. Pallas

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