Gulyás Katalin et al. (szerk.): Tisicum. A Jász-Nagykun-Szolnok megyei Múzeumok évkönyve 28. (Szolnok, 2020)
Régészettudomány - Nevizánszky Gábor - Prohászka Péter: Észrevételek a Naszvad-jánoskaparti temető 142. kora újkori sírjához
NEVIZÁNSZKY GÁBOR - PROHÁSZKA PÉTER: ÉSZREVÉTELEK A NASZVAD-JÁNOSKAPARTI TEMETŐ 142. KORA ÚJKORI SÍRJÁHOZ keine Spuren, die auf eine Verletzung oder Gewaltanwendung hindeuteten. Es gibt noch eine Abweichung von den üblichen Gräbern des Friedhofs, nämlich die 28 österreichischen, deutschen und böhmischen Silbermünzen, die im Bauchbereich gefunden wurden. Nach der Zeichnung waren sie entweder in der Kleidung eingenäht oder in einer Börse. Das Auftreten von mehreren Münzen in Gräbern ist nicht ohne Beispiel, aber doch ziemlich selten. Jedoch ist es fraglich, ob es sich dabei um einen Bestattungsbrauch handelte oder die Münzen „unabsichtlich” ins Grab gelangten. Als Grabbeigabe wurden die 28 vor 1335 geprägten Wiener Pfennige in einer Börse in die Hand der in Grab 705 von Kräsno bestatteten Person gelegt. Dagegen kamen in Grab 501 von Kaposvár acht ungarische Denare von Bela II. und sechs Obole von Kálmán neben dem linken Oberschenkelknochen zum Vorschein, die nach den Stoffüberresten zu schließen, in der Kleidung steckten. Bei einigen Fällen wird das Auftreten mehrerer Münzen kontrovers diskutiert. In der Gruft der Kirche Maria Himmelfahrt von Pazinok kamen an der Schulter des Skelettes in Grab 1/06 je zwei Dukaten von Sigismund von Luxemburg ans Tageslicht. Nach dem Bearbeiter der Funde wurden die Münzen im Rahmen des Bestattungsritus dorthin gelegt, obwohl wir auch annehmen könnten, dass die Münzen als Vermögen des Verstorbenen in die Kleidung eingenäht waren. Auf der rechten Beckenschaufel in Grab 304 von Győr-Gabonavásártér kamen vier Münzen aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts zum Vorschein. Der Bearbeiter der Funde - Sándor Mithay - brachte die Münzbeigabe nach volkskundlichen Parallelen mit der ratzischen / südslawischen Bevölkerung in Verbindung. Ebenfalls deswegen wurde das Frauengrab 34 von Esztergom-Szentkiräly dieser Volksgruppe zugeordnet. Im Bauchbereich lagen dort neun zwischen 1527 und 1592 geprägte ungarische Denare, die entweder in der Kleidung eingenäht waren oder sich in einer Börse unter der Kleidung befunden hatten. Die Börsenfunde tauchten auch in solchen Gegenden auf, wo wir kaum mit südslawischen Gruppen rechnen können. In Grab 42 des Kirchenfriedhofes von Gortva-Bizovo kamen auf dem Becken in der geschlossenen Hand 25 Denare von Matthias Corvinus bis Ludwig II. (Schlussmünze aus dem Jahr 1520) ans Tageslicht. In diesem Fall waren die Münzen - ähnlich wie in Kräsno - als Teil des Bestattungsritus ins Grab gelegt worden. Nach den Parallelen fanden sich mehrmals Münzen als Börsenfunde in mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Gräbern, aber ihre Interpretation ist widersprüchlich. In der ungarischen Forschung wurde die Ansicht von Mithay prägend, der bei der Interpretation der Münzen im Gräberfeld von Győr-Gabonavásártér volkskundliche Parallelen heranzog. Weil das Gräberfeld kein Kirchenfriedhof war und das Gebiet als Ratzstadt bezeichnet wurde, brachte er die freigelegten Gräber mit der in der Frühneuzeit hier angesiedelten südslawischen und ratzischen Bevölkerung in Verbindung. Nach seinen Forschungen war es bei der südslawischen/ratzischen Bevölkerung üblich, einige Münzen ins Grab zu legen, mit denen die ewige Ruhe erkauft wurde. Nach einer anderen volkskundlichen Quelle kann man den Brauch, mehrere Münzen ins Grab zu werfen, damit erklären, dass so die Verwandten das Grab von den früher hier Bestatteten ablösen wollten. Einige ungarische Forscher akzeptierten diese Ansicht; und so wurde das Grab 34 von Esztergom- Szentkiräly auch als südslawisch interpretiert. Jedoch ist bemerkenswert, dass in den südslawischen Gräberfeldern im Komitat Bäcs-Kiskun dieser Ritus nicht vorkommt. Im Hinblick auf diese Beispiele dürfen wir sowohl bei dem Grab von Naszvad, als auch bei anderen Bestattungen diese sogenannten „Börsenfunde” nicht als Teil des Bestattungsritus betrachten. Höchstwahrscheinlich handelte es sich dabei um zufällig bei den Toten gebliebene Objekte. Daher wurde in Grab 142 von Naszvad wohl eine Person bestattet, die entweder durch Gewalt oder durch eine Seuche starb. Nach den im Grab gefundenen fremden Münzen gehörte sie höchstwahrscheinlich nicht zur Gemeinde von Naszvad. Auf das Geschlecht der in Grab 142 bestatteten Person können wir mangels anthropologischer Untersuchungen nur anhand der Beigaben schließen. Obwohl die Pariser Schnallen von beiden Geschlechtern getragen wurden, deuten die erwähnten Perlen darauf hin, dass eine Frau im Grab lag. Ob sie getötet wurde oder während einer Seuche starb, ist mangels anthropologischer Befunde nicht beweisbar. Jedenfalls wurde die in der Kleidung versteckte Geldbörse nach ihrem Tod nicht bemerkt. Wahrscheinlich sorgten die Einwohner von Naszvad für ihre Bestattung, noch dazu in der üblichen Orientierung. Jedoch legten sie ihr Grab am Rand des Friedhofs an, in das die Leiche irgendwann in den 1540er Jahren geworfen wurde. 91