Nyakas Miklós szerk.: Hajdúsági Múzeum Évkönyve 6. (Hajdúböszörmény, 1987)

TÖRTÉNELEM — GESCHICHTE - Auszüge aus der Strafgerichtsbarkeit der Hajdústádte und des Amtsbezirkes Hajdú

II. Die verfahrensrechtliche Praxis gegen die Adligen vor dem Gerichtsstuhl des Amtbezirkes Hajdu (1757—1850) Zur Zeit der Ansiedelung der Heiducken gliederte sich die Einwohnerschaft der Städte von ihren Ständen her in die durch Bocskai geadelten Heiducken, in die besitzlosen Adligen, die in den aufständischen Truppen gedient hatten und dann abenfalls engesiedelt wurden, sowie in die dort verbliebenen leibeigenen Bauern. Im Verlauf der geschichtlichen Entwicklung veränderte sich die zahlenmässige Proportion dieser Bevölkerungszusammensetzung stark, ihr Charakter jedoch nicht. Eine Erklärung hierfür ist, dass schon von der Mitte des 16. Jahrhunderts an infolge der Türken­kämpfe mit der Umsiedelung des besitzlosen Adels von ihren Wohnorten in die in Ungarn und Siebenbürgen befindlichen Städte begonnen wurde. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren schon 9,1% der Bevölkerung in den Hajdustädten Landesadlige, und zu grosser Zahl zogen auch die Leibeigenen des weiteren in die Hajdustädte. Der Unterschied im Rechtsstand der Heiducken und Landesadligen bestand darin, dass die Heiducken ihr Adelsrecht nicht einzeln, sondern nur in der Gemeinschaft und nur in den Hajdu­städten wahrnehmen konnten, während den Landesadligen dieses Recht individuell und im ganzen Land zukam. Die Strafgerichtsbarkeit des Gerichtsstuhles im Amtsbezirk Hajdú erstreckte sich so­wohl auf die adligen Heiducken als auch auf die Landesadligen. Im Sinne der alten ungarischen Gesetze war es unmöglich, einen Adligen ohne vorherige Zitie­rung und Streitverkündung sowie ohne gesetzliches Urteil zu verhaften — es sei denn, er wurde in flagranti ertappt —, oder körperlich zu strafen (Stockschläge). Auch die Ermittlung der von Adligen ausgeübten Straftaten wurde je nach ihrem Wohnsitz von Vertretern des zuständigen Rates der jeweiligen Hajdústadt durchgeführt, und der Adlige wurde schriftlich zum Verhör gebeten. Vor Einstellung der Ermittlungen entschied eine Versammlung des Amtsbezirkes in der Frage, ob ein gerichtliches Verfahren eingeleitet oder umgehen werden soll. Erst hieraufhin fertigte der Anwalt die Klageschrift, und mit einem Exemplar dieser Klageschrift wurde der Adlige zur Aufnahmeverhandlung geladen. Das Verfahren verlief dann gemäss der Praxis bezüglich der schriftlichen Prozesse. Das Prinzip der Nichtgleichberechtigung vor Gericht kam auch in der Strafgerichtsbarkeit des Amtbezirkes Hajdú während der Feudalzeit zur Geltung. Und der Misstand dieser sich der Ständeordnung anpassenden Praxis wurde ganz besonders dann augenfällig, wenn Adliger und Nichtadliger gemeinsam eine Straftat begingen. Den Nichtadligen verhaftete man sofort nach Entdeckung der Tat, während der Adlige während der gesamten Verfahrenszeit auf freiem Fusse leben konnte. Und da die in der Untersuchungshaft verbrachte Zeit bei der im Urteil beschlossenen Gefängsnisstrafe nicht angerechnet wurde, hiess dies, dass der Nichtadlige, selbst wenn er zu der gleichen Freiheitsstrafe wie der Adlige verurteilt wurde, weitaus länger seiner persönlichen Freiheit beraubt war als der Adlige. Die Versammlung des Amtbezirkes befasste sich ab 1838 mehrere Male mit der Frage diese Ungerechtigkeit, schliesslich aber erhielt sich diese Praxis bis zum Ende der Feudalzeit. 110

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