A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 2005 (Debrecen, 2006)

Néprajz, kulturális antropológia - Szabó Anna Viola: Lukács Juliska ruhái

Szabó, Anna Vi o!a DIE KLEIDER VON JULISKA LUKÁCS Die Schauspielerin Juliska Lukács war eine heute schon in Vergessenheit geratene Gestalt des ungarischen Theatcrlebens im 19. Jahrhundert. Sie begann ihre Karriere beim Nationaltheater, dann wurde sie nach dessen Konkurs auf dem Land engagiert und spielte mit einer Unterbrechung von sechs Jahren sogar bis 1926. Eine ihrer Stationen auf dem Land war auch Debrecen und dort zog sie sich nach Ende ihrer Lautbahn zurück. Aus dem Nachlass ihres zweiten Mannes, des Kunstmalers Gyula Istvánffy, stammen die mehr als zweihundert Fotografien der Schauspielerin im Museum, die den Gegenstand unserer Analyse darstellen. Ausgangspunkt unserer Analyse war die Menge der Bilder, sie könnte im Hinblick auf das Kennenlernen der schauspielerischen Lautbahn sowohl zu viel als auch zu wenig sein: um das be­urteilen zu können, mussten wir vor allem die Gewohnheiten der Verwendung von Fotografien in der gegebenen Zeit, also im 19. Jh., untersuchen. In unserer Studie erscheint die Fotografie als ein wichtiges Element der Massenkultur, als eines, das zu einem adäquaten Medium des modernen Stadtmenschen wurde, indem sie den Stra­ßenpassanten zur „Sicht" verhalf, damit sie sich in der Masse zurechtfinden. Fotografien, Trivi­alromane. Volkstheaterstücke, Operetten liefern dem Großstadtmenschen die Muster, bestimmen für ihn den zu gehenden Weg und liefern die Regeln des Verhaltens, des Präsent-Seins und des Sich-Versteckens. Auf unserem Weg der Analyse des öffentlichen Raumes der Großstadt der auch die durch Fotografien kennenlernbare und mit nach Hause nchmbare, in ein Album steckbare Welt beinhaltet stoßen wir darauf, dass die in die Schaufenster gestellten, frei betrachtbaren und kauf­baren Fotografien in erster Linie der Kontaktpflege mit dem Publikum, mit den anderen dienten und die dauernde Präsenz auf dem Korso quasi ersetzten, auslösten: einer der einfachsten Beweise dafür, dass man der Mode folgt, besteht darin, in den neuen Kleidern auf Fotografien in den Schaufenstern zu erscheinen, wo man von viel mehr Menschen gesehen werden kann, als an einer geschlossenen Soiree oder auf der Bühne und alle können sich auch ein Beispiel daran nehmen zugleich kann man sich bei der auf dem Bild zu sehenden sorgfältig eingestellten Pose nicht irren und man kann sich so darstellen lassen, wie man erscheinen möchte: das richtige Verhalten wird durch keine störenden Umstände beeinflusst. Juliska Lukács konnte im Nationaltheater nicht unter den Ersten sein, denn sie musste neben den größten Stars ihrer Zeit spielen, aber sie konnte das in den Schaufenstern: durch Schönheit und Reichtum ihrer Kleider konnte sie den Wettbewerb im Kreis der Verehrer und Sammler ge­winnen. Diese Sammelbarkeit der Fotografien ermöglichte, dass die Erinnerung an die Schau­spielerin, die Bewunderbarkeit ihrer Kleider und ihr Einfluss auf die Mode erhalten blieben. Diesem Zweck, der Bewahrung ewiger Schönheit diente auch der Retuschierpinsel des Foto­grafen, dessen Verwendung aber den Betrachter, der ja selber auch nicht seinen Fotografien ähnlich sah, nie störte - und die Erinnerung der Nachwelt wird viel mehr durch das Sichtbare als durch das Erzählte beeinflusst. 348

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