A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 2002-2003 (Debrecen, 2003)
Irodalomtörténet - Várhelyi Ilona: Geistige Zusammenhänge: Begegnungen Kossuths und Petőfis in Debrecen
Ilona Várhelyi Geistige Zusammenhänge: BEGEGNUNGEN KOSSUTHS UND PETŐFIS IN DEBRECEN* 1. In Debrecen haben sich im Verlauf der Zeiten zahlreiche bedeutende Gestalten der ungarischen Literatur und Geschichte getroffen und aufeinander gewirkt. Die paar persönlichen Treffen Kossuths und Petőfis in Debrecen gehören nicht zu den wichtigsten Ereignissen ihrer Verbindung, aber die Beleuchtung ihres Hintergrundes kann Licht auf interessante, in ihren Zusammenhängen wenig bekannte Umstände werfen. Die im Denken der beiden großen Persönlichkeiten beobachtbaren Ähnlichkeiten lassen Rückschlüsse nicht nur auf den Zeitgeist, sondern auch auf eine von ihren geistigen Vorfahren geerbte Anschauung zu. Denkweise und Beispiel von Csokonai, Kazinczy und Kölcsey haben auf beider Anschauung gewirkt. Ihre Persönlichkeiten und Lebenswerke sind auch heute noch in allen gesellschaftlichen Schichten ein wichtiges Element der ungarischen Identität. 2. Petőfis dichterische und Kossuths politische Erfolge verlaufen parallel und treffen an mehreren Punkten aufeinander. Auch die kleinsten Details ihres Lebens und Werkes hat die Fachliteratur genauestens aufgedeckt. Obwohl ihre Namen im nationalen Freiheitsbewusstsein bis heute untrennbar verbunden sind, bedarf es einer Auffrischung unserer Kenntnisse über die faktischen Elemente ihrer Verbindung. Die paar dokumentierbaren Debrecener Treffen von Kossuth und Petőfi nach den revolutionären Ereignissen in Pest sind jeweils kurze offizielle Anhörungen auf Initiative des Dichters zur Behebung ihrer Kränkungen. Zu diesen Treffen gesellen sich auch Briefe. Die ereignisgeschichtliche Untersuchung verfolgt in erster Linie die Wendungen in Petőfis Leben. Zur ersten beweisbaren Begegnung kommt es kaum eine Woche nach Kossuths Ankunft in Debrecen in der ersten Hälfte des Jänner 1849. Petőfi ist seit Oktober 1848 Ausbildungsoffizier im Rang eines Hauptmanns in Debrecen. Da er auch seine Frau nach Debrecen holt, wird hier ihr Kind geboren. In Vorbereitung darauf bittet Petőfi um einen längeren Urlaub, doch im Gewirr der Administration treten Missverständnisse auf und Petőfi begeht Fehler auf dem Gebiet des militärischen Gehorsams und der Einhaltung des Dienstweges. Schließlich schreibt er am Weihnachtsabend einen Brief nach Pest an Kossuth als Vorsitzenden des Verteidigungsausschusses, in dem er seine Bitte um Urlaub wiederholt. Auf Intervention Kossuths genehmigt das Kriegsministerium am 1. Februar den Urlaub. Der zweite Brief und das zweite Treffen kam ebenfalls wegen eines Gehorsamsproblems zustande. Im Angesicht der Ereignisse des Freiheitskampfes entscheidet sich Petőfi nämlich, seinen Urlaub doch zu unterbrechen und meldet sich sofort zum Dienst. Er suchte Vicekriegsminister Antal Vetter auf, damit er ihn möglichst bald der Armee von General József Bem zuteile. Eine kürzere Version der Studie wurde aus Anlass des Tages der ungarischen Kultur am 20. Jänner 2003 auf der Generalversammlung des Freundeskreises des Déri-Museums vorgetragen. 319