A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1999 (Debrecen, 2000)
Művelődés- és irodalomtörténet - Lakner Lajos: Schule und Welt, Tradition und Erneuerung. (Vorstudie zur Geschichte des Debrecener Reformierten Kollegiums zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert)
Lajos Lakner SCHULE UND WELT, TRADITION UND ERNEUERUNG (Das Debrecener Reformierte Kollegium zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert) Zur Wende vom 18. zum 19. Jahrhundert sind in den europäischen Gesellschaften Änderungen vor sich gegangen, die die Geschichtsschreibung als Epochenwandel betrachtet. Zuerst skizziert die Arbeit ein allgemeines Bild dieser Änderung auf Grund der Ansichten von Kosselleck, Luhmann, Foucault, Pál S. Varga und Zoltán Rohonyi. Das dient aber nur als Hintergrund zur eigentlichen historischen Analyse, die einige Momente dieses Epochenwandels in der Geschichte des Debrecener Reformierten Kollegiums unter die Lupe nimmt. Der Verfasser unternimmt keine allgemeine, die Geschichte aller Teilgebiete umfassende Darstellung des Kollegiums, sondern versucht, den Epochenwandel im Übergang vom coetus, der traditionellen Studenteninstitution, zu den literarischen Studentengesellschaften zu ergreifen. Zuerst untersucht er den coetus, eine Studenteninstitution, die zur traditionellen Organisation des Kollegiums gehört. Er erläutert kurz seine Funktionen und verfolgt, wie er allmählich seine Bedeutung verliert. Dann kommt es zur Darstellung der Änderungen, die die Herausbildung und funktionale Verstärkung der neuen Institution ermöglicht haben bzw. ihrer Verhältnisse innerhalb des Debrecener Kollegiums: der Unterschiede zwischen schulischem und Alltagswissen sowie der Notwendigkeit ihrer Abstimmung aufeinander, der Änderungen in den Begriffen Säkularisation, Traditionsverständnis und Bildung, der Aufwertung der Rolle der ungarischen Sprache und der nationalen Kultur, des Prestiges des Lehrerseins und des wissenschaftlichen Wissens, der Zunahme der Rolle und der Bedeutung der Literatur und der literarischen Intelligenz, darin auch der Erscheinung des literarischen Kults. In diesen Kapiteln bekommt man ein detailliertes Bild darüber, wie alte und neue Ideen aufeinanderprallen und welche Versuche unternommen wurden, um diese aufeinander abzustimmen. Dann folgt die Beschreibung der Ideen und Tätigkeiten der literarischen Gesellschaften, die am sensibelsten für diese Änderungen waren. Grob vereinfacht könnte man sich diese Gesellschaften als Pendant zur traditionellen Organisation des Kollegiums vorstellen, obwohl man in ihnen, wie auch aus Protokollen hervorgeht, Vertreter auch in Hinsicht von Ideen und Mentalität unterschiedlicher Epochen finden kann. Auch der bedeutendste Förderer dieser Gesellschaften, József Péczely Jr., ist ein Mann an der Grenze zweier Epochen: seine theoretischen Arbeiten lassen ihn als einen Überschreitenden der neuen Schwelle erscheinen, er ist fast der einzige Propagator der Romantik in Debrecen, sein Verständnis von Literatur und Sprache bindet ihn jedoch noch stark an die frühere Epoche, wie auch seine Gedichte im Zeichen des Ideals des Klassizismus entstanden sind. Die Gegensätze zwischen Péczely und dem Lehrkörper bieten eine gute Gelegenheit zu einer Zusammenfassung der Unterschiede zwischen den beiden Epochen (Tradition und Originalität, schulischem und Alltagswissen, Unterschiede der Legitimationsbasen: Autorität und Öffentlichkeit, der Auftritt der Literatur als Wissensorganisationszentrum). Die Beschreibung des Epochenwandels im Kollegium bedeutet zugleich eine Skizze des kulturgeschichtlichen Profils von Debrecen und innerhalb dessen die Darstellung einiger Momente des Strebens von Debrecen bzw. eines Teils der literarischen Intelligenz, sich dem vorherrschenden literarischen Kanon anzuschließen, um endlich die Schande auszutilgen, die der Stadt im ÁrkádiaProzess zu Teil geworden war. 418