A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1994 (Debrecen, 1996)

Néprajz - Varga Gyula: Debrecen und das Erbe seiner Volkkunst (1945–1980)

Gyula Varga DEBRECEN UND DAS ERBE SEINER VOLKSKUNST (1945—1980) Noch im Jahre 1945 wurden vielfache etnographische Traditionen in Debrecen bewahrt. Dies zeigte sich schon im äußeren Bild zahlreicher Straßen der Stadt, in der Anordnung der hier auffindbaren Hä­user und Anwesen der sog. Hier gab es noch Ställe, Maisschober und andere Wirtschaftsgebäude, hier hielt man noch Vieh, das dann täglich auf die auch heute noch nahezu die gesamte Stadt umgebende „Stadtweide,, getrieben wurde. Traditionen wurden auch auf den noch vorhandenen Einzelgehöften mit dem dazugehörigen Gesinde, den Hirten, den Pächtern und anderen Arbeitsleuten bewahrt. Doch auch das Zubringerhandwerk für die Feldbauem lebte noch, und zwar vor allem jene Handwerkszweige, die infolge der Kriegszerstörungen in der Industrie jetzt eine gewisse Konjunktur erfuhren. Hierzu zählten beispielsweise die Gerber, Riemenschneider, Schuhmacher, Radmacher, Schmiede, Tischler usw. Die Werkstätten der Leder herstellenden Gerber nahmen seinerzeit ganze Straßenecken ein. Der Viehbestand auf der Hortobágy war so stark zurückgegangen, daß das Hirtenwesen auf der Hortobágy seine alten Ausmaße nicht mehr erreichen konnte. Doch bis hin zum Jahre 1948 war das herkömmliche institutionelle System der Weiderordnung noch vorhanden: Zumindest der Form halber bestanden die Rinder- und Pferdehaltungen sowie die Vereinigung der Schafzüchter, und die Hirtenord­nung usw. galten noch. Erste spürbare Veränderungen traten ab 1948 nach der Verstaatlichung auf der Hortobágy und in den Waldsteppengebieten ein. Die Weideformen blieben zwar noch erhalten, doch die Hirten galten nunmehr als staatliche Angestellte, und die Landwirtgemeinschaften zerfielen. Zwei Jahre darauf be­gann man, die Wirtschaften der sog. Bauernbürger aufzulösen, womit auch die Schließung von bedeu­tenderen Handwerksstätten verbunden war. Damit waren dieser volkstümlichen Kultur ihre Grundfeste genommen. In den Jahren zwischen 1949 und 1956 ließ das damals regierende System einer begrenzten Gruppe von Volkstraditionen innerhalb der sogenannten „sozialistischen Kultur,, eine gewisse Rolle zukommen. So schuf man 1950 das Institut für Volkskunst, dessen Aufgabe darin bestehen sollte, einzelne Bereiche der Volkskunst zu zu unterstützen. Unter der Parole „Sozialistischer Inhalt — nationale Form,, wurden auch in Debrecen einige Handwerkszweige gefördert. Ihren Vertretem verlieh man den Titel eines „Volkskünstler,,, wodurch sie dann auch vor den Belästigungen bewahrt waren, denen andere Handwer­ker sich in jener Zeit ständig ausgesetzt sahen. Anfangs wurde diese Auszeichnung in Debrecen nur drei, später dann noch einigen anderen Handwerkern zuteil. Nach 1956 schaltete sich der Staat nicht mehr so direkt in diese Angelegenheiten ein, sondern ließ eher der fachlichen Beurteilung Raum. Dies hatte zum Ergebnis, daß die dem einstigen Publikums­geschmack nachkommende „Volkskunst,, immer mehr zu einem „volkstümlichen Kunstgewerbe,, wurde, das heißt, zu einer sich nach den Marktbedürfnissen richtenden individuellen schöpferischen Tätigkeit. In der Leitungstätigkeit spielte hier vor allem der Rat für Volkstümliches Kunstgewerbe eine wichtige Rolle. Die anerkanntesten Vertreter erhielten den Titel eines „Meisters der Volkskunst,,, verbunden mit einer bescheidenen Geldprämie. In den siebziger Jahren schwappte die „neue Folklorewelle,, auch nach Ungarn =ber. Einerseits wirkte sich dies auf das volkstümliche Kunstgewerbe dahingehend aus, daß das allgemeine Interesse an den Volkstraditionen zunahm, andererseits dahingehend, daß man versuchte, die während der fünfziger Jahre doch sehr deformierte Anschaungsweise bei den Vertretern der Volkskunst zu einer ursprüngli­257

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