A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1979 (Debrecen, 1981)

Történelem - Székely György: Die Umwandlung des europäischen Siedlungsnetzes im 16–19. Jahrhundert und Ungarn

Dieser tiefgreifende Umwandlungsprozeß, die drohende Zukunft der Vernichtung, setzte in Ungarn erst dann ein, als er in Mazedonien und Bosnien schon recht weit fort­geschritten war. Buda hatte noch in den 1540-er Jahren 7 000 Einwohner und auch um die Mitte des 17. Jh.s gab es hier an die 5 000 bis 5 500 Einwohner, während Pest zur gleichen Zeit 2 000 bzw. 1 500 Einwohner zählte, obwohl es — beide Städte gesehen — zutrifft, daß zu dem zweiten Zeitpunkt ein Großteil der alteingesessenen Bevölkerung verschwunden war. In Székesfehérvár sah im Jahre 1565 laut dem Richter Lőrinc Fejér die Situation besser aus, man zählte in der Stadt 300 Türken und 1 000 Ungarn. In Anbetracht des Siedlungs­netzes von Ungarn erwies es sich als entscheidend, daß das Land von Anatolien weit ent­fernt und dafür in der Nähe des Okzidents lag. Es ist wahr, daß dies ein Hinderungsgrund für die Ansiedelung von Türken und Moslems in größeren Massen war, doch auf diese Weise blieb das Land auch steter Schlachtenschauplatz. Andererseits lastete die politische Teilung mit den Kriegsvernichtungen und die zweifache Besteuerung mit ihren staatlichen und gutsherrlichen Bürden auf dem Land. 4 Die Wendungen und die Widersprüche der ungarischen Städteentwicklung im 16. bis 17. Jahrhundert alles in einem genommen, kann man hier von zwei großen Zonen und von landschaftlichen Eigenheiten sprechen. Für die Entwicklung in Transdanubien und im Hochland (Slowakei) blieben die freien königlichen Städte charakteristisch. Ihr Handwerk stagnierte hingegen auf mittelalterlicher Stufe, und ein Teil ihrer Bevölkerung ging in die Landwirtschaft über. Ihre Einwohnerzahl und ihr wirtschaftliches Niveau sowie ihren ge­sellschaftlichen Organismus gesehen blieben sie hinter den entwickelteren Gebieten des europäischen Städtenetzes zurück. Die sogenannten „kaufmännischen Völker", die auch in Hinblick auf die Reformation und die Bildung eine Rolle spielten, bewegten sich nicht in erster Linie in diesem Gebiet und in Städten dieses Typs. Dieser Städteentwicklung des königlichen Ungarns können die Bauernstädte von der Großen Ungarischen Tiefebene und der Hauptort Transsylvaniens, Kolozsvár, gegenübergestellt werden, die — wenn sie auch in die Eroberungs- oder zumindest feudalen Fesseln des Osmanenreiches gerieten — eine blühende Wirtschaft am Leben erhalten konnten und deren Handwerk sich entwickeln konnte. Die Bauernbürger aus den großen Marktflecken der Tiefebene (und besonders die der größten und gleichzeitig nahezu am stärksten bevölkerten Stadt des Landes, nämlich Debrecen?., das um das 17. Jahrhundert eine 10 000 bis 15 000 köpfige Bevölkerung zählte und sich den Boden der umliegenden verwüsteten Dörfer einverleibte,) taten sich durch ihren Rinderexport hervor; hier können in erster Linie der kulturelle Aufschwung durch die Reformation, das Kunsthandwerk der späten Renaissance und die umsichtige Selbstver­waltungsleitung der Siedlungen nachgewiesen werden. Und indem die Vertreter aus der führenden Schicht bis nach Konstantinopel, Wien und Prag reisten, um Verhandlungen zu führen und Geschäfte abzuschließen, erweiterte sich ihr Horizont ständig. 5 Nicht in vorwiegendem Maße die politische Stellungnahme, sondern der Städtetyp und die nationale Zusammensetzung der Bevölkerung liefern eine Erklärung dafür, in welchem Ausmaße welche Richtung der Reformation auf Verlust des Katholizismus vor­wärtsschreiten konnte, und zuletzt in welchem Maße sie in der Lage war, dem Druck der Gegenreformation standzuhalten. Die Orte Sopron (Ödenburg), Pozsony (Pressburg), Besztercebánya (Neusohl), Selmecbánya (Schemnitz), Eperjes, Bártfa (Bartfeld), Késmárk (Käsemarkt), Lőcse (Leutschau) und Kassa (Kaschau), die unter der Habsburger Herr­schaft zum ungarischen Königreich gehörten, sowie weiterhin die zum siebenbürgischen Fürstentum gehörenden Brassó (Kronstadt) und Nagyszeben (Hermannstadt) wurden zu Bildungszentren der lutheranischen Reformation und der evangelischen Kirche. Doch auch das helvetische Bekenntnis und die helvetische Kirche, die auf den Lehren von Zwingli und Kálvin beruhten, breiteten sich aus. Zu ihren Mittelpunkten und Zentren der Glaubensver­4 L. Fekete: Buda and Pest under Turkish Rule ( = Studia Turco-Hungarica. Redigit Gy. Káldy— Nagy. Tomus III. Budapest, 1976) S. 20, 22; Müller, Veronika: Thury György kanizsai kapi­tánysága (Zalaegerszeg, 1972.) S. 11. 5 Stefan Pascu—Pataki, József—Vasile Pópa: Kolozsvár (1957) S. 45, 47—49, 53—57; Zoltai, Lajos: Debrecen sz. kir. város határának kialakulása és birtokainak megszerzése (Sonderdruck: Debreceni Képes Kalendáriom, Jahrgang 1917. Debrecen, 1916) S. 10. 6 Déri Múzeum évkönyve 81

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