A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1968 (Debrecen, 1970)

Tóth Béla: Ady in Debrecen um die Jahrhundertwende

Tóth Béla Ady in Debrecen um die Jahrhundertwende Im ersten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts setzte eine Gärung in der ungarischen Literatur ein. Eine rückständige, ländliche, sogar dörfliche Literatur, die bemüht war, auch die ärmlichsten Quellen zu sammeln, wandelte sich zu einer modernen Literatur mit europäischer Orientierung und auf hohem Niveau. Diese Umwandlung ging natürlich nicht glatt und reibungslos vor sich. Auch aus diesem Grund ist es eine ausserordentlich aufregende Aufgabe, den Prozess der Um­wandlung zu verfolgen. Wir sind dabei nicht nur die Zeugen des grossartigen Kampfes, in dem alte und neue Bestrebungen gegeneinander kämpfen, sondern man kann auch den Gang beobach­ten, wie das Neue in das Bewusstsein des Publikums eindringt, wie ihr Geschmack und Denken dadurch umgestaltet wird, wie die Besseren, die neben den neuen Bestrebungen Stellung nehmen, diese Umwandlung befördern. Mit einem Wort wir sind die Zeugen eines Zusammenwirkens des Schriftstellers und der Leser, eines Zusammentreffens des Dichters und des Publikums, was zu­sammen nach der Meinung von János Horváth die Literatur selbst darstellt. Ein Erreger und Mittelpunkt der Gärung war Endre Ady. Die Kämpfe begannen um ihn, durch die von ihm geschlagenen Lücken drangen die neuen Bestrebungen ein. Der Verfasser hat die Absicht einen interessanten Schnitt des ganzen Vorgangs als einen kleinen aber musterhaften Spiegel des Prozesses darzustellen. Er wählt eine Zeitschrift, und zwar die „Debreceni Főiskolai Lapok (Debrecener Hochschul­blätter)" zur Untersuchung aus. Wie der Titel zeigt, war sie die Zeitschrift der Hochschuljugend des Reformierten Kollegiums, das einzige Pressprodukt solcher Art um die Jahrhundertwende in Debrecen. Sie erschien vom Dezember 1896 bis zum Juni 1914 in der Herausgabe der „Magyar Irodalmi önképző Társaság (gekürzt MIÖT oder MIT, Ungarischer Literarischer Selbstbildungs­verein)". Sie wurde anfangs monatlich dreimal, von 1898 an zweimal, in dem ersten und zweiten Jahrzehnt des Jahrhunderts immer seltener, oft in zusammengezogenen Nummern veröffentlicht. Die grosse literarhistorische Bedeutung der Zeitschrift wurde schon von Ferenc Zsigmond erkannt, die einerseits daraus folgt, dass sie in einer auch geschichtlich wichtigen und charakteristischen Zeit herausgegeben wurde und anderseits die Artikel, Aufsätze derselben das Denken und den Geschmack eines bedeutenden Teils der ungarischen Hochschuljugend, also einer Schicht wider­spiegelte, die eine Anzahl der Dichter, Schriftsteller, Gelehrten und Politiker von allgemeiner Be­deutung lieferte. So ergibt sich die Möglichkeit, Anfänge ihres späteren Verhaltens schon früh kennenzulernen, wobei man nicht vergessen darf, dass sie später die öffentliche Meinung und den Geschmack des ganzen Landes auf entscheidende Weise beeinflusst haben. Die Bedeutung der Zeitschrift wird auch dadurch erhöht, dass auch Ady im Schulhajr 1898/99 zu den Mitarbeitern der Zeitschrift gehörte, sogar war er der „Hauptmitarbeiter" in der Redaktion. Auf diese Weise wird es auch möglich einerseits einen Einblick in diesen Abschnitt seiner dichterischen Entwick­lung durch ihre in der Zeitung erschienenen Schriften zu gewinnen, andererseits war seine Wir­kung auf die späteren Mitarbeiter der Zeitung direkter, die ihren,,Vorgänger"nie vergessen haben. Sowohl in den theoretischen, wie auch in den literarischen Arbeiten der Zeitschrift kann man die Umwandlung der literarischen Auffassung, der Praxis und des Geschmacks um die Jahrhun­dertwende konkret von Schritt zu Schritt verfolgen. Diese Auffasung stand anfangs auf Grund „der volks-nationalistischen-klassizistischen Kunstphilosophie" von Pál Gyulai, was praktisch die Pflege des Liedes (des volkhaften Kunstliedes), der Ode (der Gelegenheitsode) und der anek­dotenhaften Erzählungen bedeutete. Die ersten Zeichen der Umwandlung zeigen sich gerade mit dem Auftritt Adys, in dem einerseits die von Revicky und Vajda geschlagenen Töne und eine „bewusste Dekadenz" in die Dichtung der Zeitschrift Debreceni Főiskolai Lapok eindringen, anderseits kann man noch eine radikalere, mehr sozialistische, dem Leben mehr naheliegende Auffassung beobachten. Vom letzteren legt z. B. die über Bérezik geübte Kritik, die bald berühmt wurde, ein Zeignis ab. In den Jahren nach Ady sind die Mitarbeiter des Gedichtbandes „Bokréta (Blumenstrauss)" 582

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