A Debreceni Déri Múzeum Évkönyve 1965 (Debrecen, 1966)
Tanulmányok - Varga Antal: Der Aufstand von Debrecen im Jahre 1693
Am 16. Oktober entstanden neuere und noch schrecklichere Gerüchte, worauf der Senat wieder eine Sitzung hielt. Die Stadtleiter nahmen das Geld der Stadt zu sich und es gelang ihnen zu entfliehen. Die Aufständischen und die Menge hinter ihnen fanden das Rathaus leer, wo sich nur der Leiter des Archivs aufhielt. Man zwang ihn, die türkischen Schutzbriefe herauszugeben, mit denen sie vor die Tataren gehen wollten, um mit denselben und mit wertvollen Geschenken die Integrität und Ruhe der Stadt zu sichern. Das Komitee wurde zum Empfang der Tataren bestimmt, die Patrouillen wurden auf den Strassen verstärkt und eine neue Stadtleitung gewählt. Die Tataren kamen am 18. Oktober in den Morgenstunden vor den Toren Debrecens an. Die Delegation zog zum Sultan Galga, zeigte die Schutzbriefe vor, überreichte die Geschenke und bat den Sultan um die Sicherung der Ruhe und Sicherheit der Bevölkerung der Stadt. Der Sultan gewährte die Bitte, versprach, die Stadt nicht anzünden zu lassen, die Bewohner zu schonen, aber er forderte Kontribution aus dem Vermögen der Flüchtlinge. Zur Beruhigung versprach er noch, dass nur in den Häusern gebrandschatzt wird, die von den Aufständischen bezeichnet werden. Die Tataren steckten kein Haus in Brand, töteten keinen einzigen Debrecener Bürger, und auch die Kontribution wurde auf die verabredete Weise eingetrieben. Nur die hierher geflüchteten Bewohner aus der Umgebung wurden gefangen genommen und weggeschleppt, weil der Schutzbrief für sie nicht gültig war. Die Tateren begaben sich dann nach Nagyvárad. Bald kehrten auch die Bürger der Stadt zurück, die früher entflohen, unter ihnen auch die Leiter der Stadt. Keine Angaben sind vorhanden, wie die Zurücknahme der Macht vor sich ging, nur so viel ist bekannt, dass die Erhebungen nach den Aufständischen und ihren Taten bald begann. Auf Grund des Materials der Erhebungen wurde gegen die Leiter des Aufstandes Gerichtsprozess eingeführt, wobei der Aufstand als eine Revolte, die Teilnehmer, die eigentlichen Verteidiger der Stadt als Aufrührer beurteilt wurden. Die Hauptanklage war gegen sie, dass sie die Macht übernommen und die Flucht der Bevölkerung verhindert haben. Zuerst wurden alle zum Tode verurteilt, infolge der Intervention vieler angesehener Bürger wurde das Urteil gemildert. Das geschah wohl nicht auf Grund ihrer Überzeugung, sondern unter der Wirkung des bedrohenden Auftritts der Bevölkerung. Bei allen verurteilten Leitern des Aufstandes kam die Weise der Beschämung vor, dass sie mit einem Strohkranz auf dem Kopf auf den Strassen der Stadt herumgehen mussten. Dann wurden sie vom Henker aus der Stadt vertrieben und ins ewige Exil geschickt. Bei János Szemere wurde das Urteil nicht vollzogen, weil er im Gefängnis starb. Das war der Fall bald nach der Verbannung mit Dávid Varga. András Majtényi wurde ausser der Teilnahme am Aufstand auch dafür bestraft, dass er die Stadtleiter und Pfarrer vor dem Publikum schmähte. Einige von den reicheren Bürgern wurden auch verurteilt, aber das Urteil war viel milder. Ihre Sünde war, dass sie sich unter die niederen Schichten des Volkes mischten, den Rat schimpften, die Stadtbeamten verleumdeten. Zwei Todesurteile wurden vollzogen, wie es sich aus den Schriften herausstellte, gehörten sie nicht zu den Aufständischen, sondern sie nützten die Panik aus und plünderten. Das wird auch im Urteil betont. Nach einer Zeit wurde István Csorvási und Péter Hajdú bewilligt, in die Stadt mit der Bedingung zurückzukehren, dass sie den Senat und die Pfarrer öffentlich um Verzeihung bitten. Eine ähnliche Bitte war aber der Witwe von Dávid Varga verweigert, sie bekam nur ihr Haus in der Péterfiastrasse unter der Bedingung zurück, dass sie es an einen hiesigen Bürger verkaufen soll. Trotz des Sturzes des Aufstandes war er nicht erfolglos. Ein wichtiges Ergebnis des Aufstandes war, dass das Amt eines zweiten Richters (iudex secundarius), das bis zum Anfang des Jahres 1695 üblich war, eingestellt wurde, dafür wurde das Amt des „Volksredners" (tribunus plebis) errichtet. Der Volksredner war der Fürsprecher der unteren Volksschichten im Rat, er war sozusagen der Kontrolleur der Stadt. Der Debrecener Aufstand im Jahre 1693 stand trotz seiner trüben Zielsetzungen im Dienste des Fortschritts. Er bezweckte eine mehr demokratische Stadtleitung, eine erhöhte Rücksichtsnahme der Interessen der breiteren Volksschichten. Trotz des Sturzes des Aufstandes erhielten die unteren Volksschichten einen Vertreter im Rat, der „Volksredner" (tribunus plebis, fürmender Volksfürsprecher) vertret ihre Interessen im Rat, was eigentlich dem Aufstand zu verdanken war. Der Aufstand hob das Klassenbewusstsein der plebejischen Schichten, und zeigte ihnen den möglichen Weg des Aufstiegs. Das Verdienst der Aufständischen war in der Beziehung zweifellos, dass sie die Stadt von der Vernichtung mit ihrem Standhalten erretteten, und Debrecen nicht dasselbe Schicksal erleben musste, was bei den Hajdukensiedlungen der Fall war. Diese wurden nämlich geplündert und der grösste Teil der Bevölkerung wurde weggeschleppt. 159