Héthy Zoltán szerk.: Bihari Múzeum Évkönyve 3. (Berettyóújfalu, 1982)

NÉPRAJZ — VOLKSKUNDE - Das Eisenkraut (Verbena officinalis L.) in der Volksüberlieferung von Sárrét

Imre Dankó DAS EISENKRAUT (VERBENA OFFICINALIS L.) IN DER VOLSÜBERLIEFERUNG VON SÁRRÉT Das Eisenkraut (Verbena officialis L.) zählt zu den schon von früher her als my­thisch bekannten Pflanzen, und man verehrte es schon im klassischen Altertum. Heute wird es in der Pflanzenkundeliteratur und im Volksmund zu den Unkrautpflanzen ge­rechnet. In breiten Kreiser war dieses Kraut als Heilplanze bekannt, deren Droge und Tee gegen die verschiedensten Krankheiten verwendet wurden. Durch ihren Gehalt an Salz und ihren salzigen Geschmack als Salzersatz zu dienen, gehörte zu den be­kanntesten Eigeschaften dieser Pflanze. Aus diesem Grunde wurde das Eisenkraut in salzarmen Diäten und als Speisewürze eingesetzt. Früher zählte man das Eisenkraut auch zu den amtlichen Heilpflanzen ; es wurde auch in Apotheken gehandelt. Über all dies hinaus ist seine Wunderwirkung bekannt. Und so weiss auch die ungarische Volks­überlieferung viel davon zu berichten, dass das Eisenkraut Schlösser öffnen, Unver­wundbarkeit und Schutz liefern kann. Aufgrund des Vorkommens und der Häufigkeit dieser Überlieferungen hat es den anschein, als ob sich die Überlieferungen von der Eigenschaft des Eisenkrautes, Schlösser zu öffnen und Schutz zu bieten, vor allem in der Nachbarschaft feuchter Gegenden, besonders in den Moorgebieten Ungarns verb­reitet haben : wie in Taktaköz oder Sárrét. (Die vorliegende Studie beruft sich hier auf die Schriften von Pál Osváth, Sándor Szűcs und Lajos Szabó.) Unter Zuhilfenahme alter und neuer Pflanzenkundeliteratur gibt der Verfasser hier als erstes eine Beschreibung des Eisenkrautes, um danach anhand von Angaben aus Sárrét (Ungar, Bezirk Hajdú-Bihar) die noch bis in unsere Tage lebendige Welt des Aberglaubens vorzustellen. Von dem Vermögen des Eisenkrautes, Schlösser zu öffnen und Schutz zu bieten, schreibt er einerseits aufgrund von Angaben aus der ethnolo­gischen Fachliteratur und andererseits aufgrund eigener Sammlungen in Sárrét. Durch eine Systematisierung der Angaben ist der Verfasser bemüht, ein umfassendes Bild dieser Überlieferung zu vermitteln. Darüber hinaus gibt er auch die Feststellung, dass die Überlieferung im Begriff ist, sich stark zu verengen, zu verschwinden und an Farbe zu verlieren. Der Grund hierfür liegt nicht allein in den Veränderungen, die sich in der Produktion, in den gesellschaftlichen Verhältnissen und in der Lebens­weise vollzogen haben, sondern auch darin, dass das Eisenkraut ausserordentlich selten geworden ist und heute kaum noch aufzufinden ist. Parallel zum Verschwinden dieser Pflanze ist auch das Wissen um sie stark zurückgegangen. Die meisten der Datenvermitteler kennen das Eisenkraut nicht meh, können es nicht identifizieren oder erkennen. Gerade daher räumt die vorliegende Studie auch die Möglichkeit ein, dass die Überlieferungen über das Eisenkraut, beziehungsweise ein Teil von ihnen auch Kenntnisse sein können, die sich in der Literatur niedergeschlagen haben. Das Wesen dieser Überlieferungen besteht in folgendem: Die jungen Burschen, Hirten, Betyaren usw. schieben sich das Eisenkraut unter die Haut der rechten oder der linken Hand. So kann die Hand keine Fessel erdulden, und wer mit so einer Hand an ein Schloss oder eine Kette rührt, so öffnet dieses sich oder fällt herunter, und der Gefesselte ist befreit. Das in die Handfläche geschobene Eisenkraut gibt eine kräftig schwarze Rinne ab. Das Eisenkraut wurde entweder mit Hilfe einer Sacknadel unter die Haut gezogen oder die Handfläche wurde mit einem scharfen Messer auf­geschlitzt, dahinein wurde das Kraut gelegt. Dann wurde die Hand verbunden, damit die Wunde schnell heilt. Wer Eisenkraut in der Handfläche trug, der verheimlichte dies und zeigte seine Hand nicht. Meistens hielt er die Hand zur Faust geballt oder umklammerte etwas, zum Beispiel einen Stab, mit ihr. In der Überlieferung wird 251

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