G. Szende Katalin – Szabó Péter szerk.: A magyar iskola első évszázadai = Die Ersten Jahrhunderte des Schulwesens in Ungarn : 996-1526 (Győr, 1996)
TANULMÁNYOK - Petényi Sándor: Nevelés és játék a középkorban
NEVELÉS ÉS JÁTÉK A KÖZÉPKORBAN Sándor Petényi Erziehung und Spiel im Mittelalter (Zusammenfassung) I m Quellenmaterial des Mittelalters von Ungarn liegen kaum Angaben über die Beziehung zwischen Erziehung und Spiel vor, so kann man sich - wenn überhaupt - nur ein lückehaftes Bild über dieses Thema machen. Die Problemstellung kann wohl keinen sicheren Erfolg garantieren, trotzdem lohnt es sich, das vorhandene Quellenmaterieal zu untersuchen. Im archäologischen Fundmaterial gibt es Spielzeuge bereits aus früherer Zeit, als das Thema selbst in den schriftlichen Quellen angeschnitten wird. In den Siedlungen aus der Árpádenzeit waren die Astragale (astragalos) schon bekannt, welche aber auch in den Gräbern der landnehmenden Ungarn gefunden worden sind, im 11. Jahrhundert erscheint in Ziegel, bzw. Stein geschnitzt das Schema des Mühlenspiels, Anfang des 13- Jahrhunderts trifft man sogar Spielwürfel. In den schriftlichen Quellen kann man die ersten Berichte über Spiele im Gesta Hungarorum aus der Zeit von Béla III. lesen. In den schriftlichen Quellen fällt meistens die negative Kritik am Spiel auf, was gar nicht überraschend ist, denn das Schreiben selbst, wie auch der Unterricht war meistens mit der Kirche, mit den religiösen Tätigkeiten verbunden. Es deuten keine Angaben darauf hin, daß im Unterricht im Zusammenhang mit dem Spielen andere moralische Grundsätze angewendet wurden als in den anderen Bereichen des Lebens. Wir kommen der Wahrheit wahscheinlich näher, wenn wir annehmen, im Mitttelalter wurde das Spiel als pädagogische Methode im Unterricht in der Regel nicht verwendet. Das bedeutet allerdings nicht, daß das Spiel im Leben der Schüler nicht vorhanden war. Man soll nur an das "Narrenfest" denken, das das Sinnbild der Ausgelassenheit unter den Schülern und den unteren Priestern darstelle. Man kann durchaus annehmen, daß auch die Faschingszeit im Leben der Schulen ihre Spuren hinterließ. Wird die Beziehung zwischen Erziehung und Spiel nicht auf den schulischen Unterricht bezogen untersucht, sondern es wird im allgemeinen die Beziehung des Mittelalters zum Spielen unter die Lupe genommen, so können die bisherigen Feststellungen genauer formuliert oder gar korrigiert werden. Die Welt der Kinder ist ja von der Welt der Erwachsenen nicht zu trennen, sie sind miteinander eng verbunden. Die Kinder haben die Bräuche, die Sitten der Erwachsenen mit ihren Zeremonien übernommen, und die Kinderspielzeuge stellten das verkleinerte Abbild der materiellen Kultur der Welt der Erwachsenen dar. Die Aneignung der für das Leben der Erwachsenen notwendigen Fähigkeiten wäre undenkbar gewesen, ohne daß sie Kinder und Eltern zusammen spielerich geübt haben. Bei der Untersuchung des Quellenmaterials haben wir Beschreibungen getroffen, die diese These untermauern, konkrete Angaben gab es allerdings nur über Spiele, die mit dem Militär und der Religion zu tun hatten. Der Grund dafür liegt wohl im Charakter der Quellen und nicht im Fehlen anderer Spielarten. Das Spiel gehörte ja nicht zu den Themen und Ereignissen, die schriftlich abgefaßt und verewigt werden sollten. Trotz der angeführten Probleme kann das Vorhandensein der Spiele in der Erziehung durch zeitgenössische Quellen belegt werden. Erst die humanistische Weltanschauung brachte eine radikale Veränderung in der Beziehung zwischen Unterricht und Spiel. Erasmus, Vives oder später Sturm haben erkannt, das das Spiel ein unentbehrlicher Bestandtetil des Unterrichts und ein wichtiges Mittel der Pädagogik ist. Die von ihnen ausgearbeitete Theorie und Praxis ist in der ungarischen Unterrichtsgeschichte vor allem in der pädagogischen Tätigkeit von Comenius nachzuvollziehen.