Arrabona - Múzeumi közlemények 5. (Győr, 1963)
P. Balázs: Die erste Gewerbeausstellung in Győr im Jahre 1846
Das Preisgericht vergab zwei Goldmedaillen, 11 Silber- und 10 Bronzemedaillen, 12 Ehrendiplome, 10 Personen wurden lobend erwähnt. Die Gewerbeschau von Győr hatte landweit grossen Erfolg. Die Zahl der Besucher bezifferte sich auf mehr als 9000. Selbst Ludwig Kossuth besichtigte die Schau und äußerte sich anerkennend. Auch die Presseberichte waren günstig: nicht nur die lokalen Zeitungen, auch die Tagesblätter der Hauptstadt waren über das Geschaute des Lobes voll. Größten Anklang fanden zweifelsohne die Erzeugnisse der Tuchweberindustrie. Neben der Tuchfabrik Hoffmann-Leuschner hatten auch zahlreiche Manufakturen der Leinen- und Tuchweber ihre Waren zur Schau gestellt. Feinschlosser und Mechaniker waren mit Pumpwerken, zweckdienlichen Kaffeemaschinen, Jagdgewehren vertreten. Auch Pendeluhren und Reisewecker waren auf der Schau zu sehen. Mannigfaltige Schmuck- und Ziergegenstände der Silber- und Goldschmiede, Prachtwerke der Buchbindermeister sprachen für die hohe Gesittung der anspruchsvoll kulturellen Bürger von Győr. Es versteht sich von selbst, daß auch Bekleidungsartikel aller Art durch zahlreiche Aussteller vertreten waren. Die Prachtstücke der Möbelindustrie, die den größten Teil der Schauräume füllten, waren bereits in den ersten Tagen der Schau verkauft. Zu erwähnen sind noch die Musikinstrumente mannigfaltigster Art. Einige Aussteller von Győr hatten auch an der Landesgewerbeschau des gleichen Jahres in Budapest teilgenommen: drei waren mit Silber-, zwei Austeller mit Bronzemedaillen ausgezeichnet worden. Der Verwaltungsausschuß der Gewerbeschau beschloß künftig in den Jahren der Landesgewerbeschau von Budapest auch in Győr eine Ausstellung zu veranstalten. Die Studie macht auch den Briefwechsel zwischen Ferenc Csanády, dem Sekretär des Landesgewerbevereines und Sándor Lukács, dem Veranstalter der Gewerbeausstellung von Győr bekannt: Varhandlungsgegenstand war Entwurf und Anfertigung der Verdienstmedaille, die anläßlich der Schau verteilt werden sollte. Doch erfolgte die Vergebung derselben erst 1848. Obwohl die Gewerbeschau bezeugte, daß die Stadt Győr — verglichen mit anderen Städten des Landes — ein entwickeltes Gewerbe besaß, folgt abschließend ein Verweis darauf, daß eine Weiterentwicklung des zünftigen Gewerbes in der behandelten Zeit kaum mehr zu erwarten sei, ja in gewisser Hinsicht eine Krise unvermeidbar scheine. Die innerhalb der Innungen ausgebildete geschlossene Patrizierschichte der Meister, der Umstand, daß sich die Werkstatt von Vater auf Sohn vererbte, hatte zur Folge, daß sich die Zahl der Meister Jahrzehnte hindurch kaum änderte. In Zeiten wirtschaftlicher Blüte wurde die gesteigerte Nachfrage durch Einstellung mehrerer Gesellen und Lehrlinge befriedigt. Ließ aber die Kaufkraft nach, wurden Gesellen und Lehrlinge entlassen. Beachtenswert ist die Tatsache, daß die Zahl der mit einem Gesellen arbeitenden Meister abnahm, während ein Zunehmen der kapitalkräftigen Werkstätten, in denen 2—3 Gesellen beschäftigt waren, zu verzeichnen ist. Diese Erscheinung versucht Verfasser an Hand statistischer Daten deutlich zu machen. In einigen Gewerbezweigen (Schreinergewerbe und Tuchfabrikation) entstanden Manufakturen mit Maschinenbetrieb, in denen 10—15 Gesellen arbeiteten. Abschließend folgt die Schilderung des Kampfes, den die zünftigen Handwerker gegen jede nicht-zünftige Konkurrenz führten; ja noch mehr, sie wagten sogar den Versuch, der Entwicklung der Fabrikindustrie hemmend entgegenzuwirken. Aus der Sackgasse, in die das Gewerbe der Stadt Győr um die Mitte des 19. Jahrhunderts gelangte — das, nebenbei gesagt seine Tüchtigkeit unter Beweis gestellt hatte — fand sich sonderbarerweise erst nach dem Verfall des Getreidehandels auf der Donau ein Ausweg. Als der Eisenbahntransport des Getreides begann, büßte Győr seine führende Stellung im Getreidehandel ein: die namhafte Gewerbestadt wurde zu einer bedeutenden Industriestadt. P. Balázs 273