Szőllősy Csilla - Pokrovenszki Krisztián (szerk.): Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis - Szent István Király Múzeum közleményei. C. sorozat 45. (Székesfehérvár, 2017)
Tanulmányok/közlemények - Néprajz - György Orosz: "Jesus Christ corssed the golden bridge riding on a donkey" pagan-Christian variants of the "Second Merseburg in Cantation" in the course of elastic missionary activity
György Oros% „Christus Jesus war zu Esel über die goldene Brücke gefahren” Heidnisch-christliche Varianten des Zweiten Merseburger... altertümlichen Medizinkunde in Tibet, wo der Lamaismus dominierend ist, und wo ein medizinisches Schriftwerk aus dem 12. Jahrhundert erhalten blieb: „Rg/'ud-b^si“, also die „Vier Tantra“, anders gesagt die „Vier Wurzeln“.54 In den von Eva Poes veröffentlichten Varianten des „Zweiten Merseburger Zauberspruches“ reitet Jesus Christus entweder auf einem Pferd oder auf einem Esel. Die Folkloristán schreibt über dieses Motiv nicht zu viel. Ihrer Meinung nach weist das Reiten zu Esel in allen in dem 19.-20. Jahrhundert aufgezeichneten Varianten auf eine biblische Geschichte: den Einzug von Jesus nach Jerusalem. Der auf dem Pferd fahrende Christus knüpft sich schon weniger an das legendenhafte Ereignis.55 Besonders interessant sind die Beschwörungen, in denen Christus auf einem Esel reitend die Brücke überquert oder sie überqueren will, aber in den nächsten Zeilen stellt sich heraus, dass dieser Esel eigentlich ein Pferd ist und das letztere Reittier sich den Fuß verrenkt. Hier haben wir mit drei Phasen der elastischen Missionsstrategie zu tun: a/ Reiten auf dem Pferd; b/ auf dem Esel/Pferd; с/ und auf dem Esel. Das gemischte Motiv „Reiten auf dem Esel/Pferd“ beinhaltet die pfiffige Methode der einstigen Missionare, die Christus aus taktischen Gründen um der neubekehrten Germanen willen auf das Pferd setzten, also auf das Reittier von dem heidnischen Hauptgott Wodan; aber auch das Merkmal der neuen Zeit ist dabei anwesend — das christliche Reittier von Jesus, also der Esel. In diesen von mir analysierten Varianten des „Zweiten Merseburger Zauberspruches“, wenigstens in den meisten von ihnen, sind drei christliche Gebete zu finden: das Vaterunser, das Glaubensbekenntnis und das Ave-Maria-Gebet; entweder vor oder nach der Beschwörung, aber oft hineingeflochten in den Text des Zauberspruches. In dem Buch von Zsuzsanna Erdélyi mit dem Titel „Hegye/ bágék, lőtőt lépék “ (Ich stieg auf den Berg, ich ging bergab), das von ihr im Karpatenbecken gesammelte archaische Volksgebete enthält, befindet sich eine weitere, schon in größerem Maße christianisierte Variante des „Zweiten Merseburger Zauberspruches“ mit der Überschrift „Lábfájásra“ (Gegen Fußschmerzen).56 In diesem Zauberspruch-Gebet reitet Christus schon auf einem „christlichen“ Tier, auf einem Eslein. Auch seine Mutter, die Heilige Jungfrau Maria ist mit ihm auf dem Weg. Ob auch sie reitet oder zu Fuß geht, das stellt sich aus dem Zauberspruch nicht heraus. Sie begeben sich nicht mehr wie Wodan in den Wald, sondern von einem heiligen Ort zu dem anderen: aus Jerusalem nach Jericho. Der Segensspruch erhielt durch die in ihn eingefügte Zeile „A% Urjé^us szájából s^árma^ott ev/en ige “(Dieser Spruch stammte aus dem Mund des Herrn Jesus) himmlische Authentifisjerung. Daraus ergibt sich, dass es nützlich sei, diesen Segensspruch zu erlernen, zu bewahren und auf die Nachkommen weiterzuvererben. Wegen der himmlischen Beglaubigung konnte sich der in christlichem Sinn umgestaltete „Zweite Merseburger Zauberspruch“ jahrhundertelang bis zu unseren Tagen schriftlich und im Volksmund behaupten. Die Beinverrenkung und ihre Heilung geschah nicht mehr in der heidnisch-mythischen Götterwelt, sondern in biblischem Milieu. Danach folgt der zweite Teil des Zauberspruches, die eigentliche Zauberformel. Dann soll man das Vaterunser und das Glaubensbekenntnis beten. Der abschließende Teil ist wirklich ein Gebet, also ein Flehen zu dem lieben, guten Gott, um seelische und körperliche Heilung zugleich. Das heißt, man ist der christlichen Lehre bewusst, dass die Krankheit Gottes Strafe für die begangene Sünde ist, und dass man die Krankheit nurch durch seelische Heilung, also durch die Bereuung der Sünde loswerden kann; im Falle, wenn Gott dem Menschen seine Sünde vergibt. Besonderes Interesse erweckt die doppelte Weltanschauung, die in den letzten zwei Zeilen zum Ausdruck kommt. Der Mensch vertraut in der christlichen Religion dem weltbeherrschenden göttlichen Willen. Er will aber mit der Magie selbst die Welt beherrschen und die Natur allein aus eigener Kraft lenken. Er vertraut dabei auf eine in seinen magischen Worten enthaltene Macht, die automatische Wirkung besitzt. Der Christenmensch verzichtet scheinbar auf die Durchführung seines eigenen Willens im Heilungsprozess, weil es ihm einfällt, dass er etwas gar nicht Chrisdiches tut, und ruft den lieben Gott zur Hilfe: „Es werde nicht mein Wille, / Sondern Dein Wille. Amen. “ Die vier analysierten Textvarianten des „Zweiten Merseburger Zauberspruches“ sind mehrfach mit christlichen Elementen durchwoben. Auch heidnische Götter und Göttinnen sind in ihnen nicht mehr anwesend. Aber die Anwendungsweise von diesen Beschwörungen und die Denkungsart der diese Zaubersprüche verwendenden Leute sind immer noch magisch. Besser gesagt: wir haben hier mit dem Fall des sogenannten heidnisch-christlichen religiösen Synkretismus zu tun. Zur Herausbildung der neuen, christlichen Kultur und Religiosität leisteten auch literarische Werke ihren Beitrag, nicht zuletzt die heidnisch-christlichen Zaubersprüche, die einem synkretischen Bewusstsein entstammten. Dieser Aufsatz bietet die Möglichkeit, dass man im Tunnel der Zeit in die Vergangenheit zurückkehrt und erblickt, wie die deutschen Stämme ihren großen System-, Religion- und Kulturwechsel erlitten und erlebten, wobei die offizielle „staatliche Taufe” des Volkes nur der erste Schritt einer langen Entwicklung war. Kirche und Staat arbeiteten Hand in Hand im Merkmal von „ora et labora”, also der wichtigsten Aussage der Ordensregel der Benediktiner, und sicherten für 34 55 NAGY 1992,17-18, 24-25, 34, 50-51, 53, 58, 65,108. PÓCS 1988, 682. ERDÉLYI 1999,122. No 9. 349