Alba Regia. Annales Musei Stephani Regis. – Alba Regia. Az István Király Múzeum Évkönyve. 17. 1976 – Szent István Király Múzeum közleményei: C sorozat (1978)

Kunst und Mythologie der Landnehmenden Ungarn - Mesterházy Károly: Beziehungen der Mythologie zur Gesellschaftsordnung bei den Ungarn zur Zeit der Landnahme. p. 75–80.

den neuen Vorstellungen einverleibt, wobei sie diese ergänzten, umänderten, bereicherten (HAHN 1968, 37 — 38). So bereicherten Elemente fremder Religio­nen und weiterlebende Glaubensreste (survival) der urzeitlichen Glaubenswelt die Religion der damaligen Ungarn. Diese Elemente führten oft ein selbständiges Leben und befriedigten — unabhängig von der Reli­gion — gesellschaftliche Bedürfnisse. Wir verfügen kaum über schriftliche Quellen über die Religion und Mythologie der landnehmenden Ungarn. Arabische Reisenden nannten die Ungarn des 9. Jahrhunderts Feueranbeter. Aus den Verbots­maßnahmen des 11. Jahrhunderts mögen wir auf ei­nige mythologische Elemente folgern. So spricht Pa­ragraph 34 des Gesetzbuches 1,. von István I. von Zauberern und Gauklern und erwähnt Wahrsagung aus Asche. Paragraph 22 des Kodex I von László I. warnt jene, die neben Brunnen opfern oder Geschen­ke an Bäume, Quellen, Steine bringen. Paragraph 34 desselben Kodex verfügt über die Bestrafung von Hexen (ZÁVODSZKY 1904, 151, 161, 163; PAULSON 1967, 144). Unter der Regierung von Béla I. (1060­1063) versammelte János, Sohn von Vata, Zauberer, Wahrsagerinnen und dergleichen um sich (SRH, I, 338). Die westlichen Quellen aus dem 10. Jahrhundert haben einige bezüglich der Mythologie bedeutende An­gaben bewahrt, (Dienes 1975, 83). Außer den bekann­ten Erscheinungen gibt es auch solche, die wir nicht deuten können, oder ihrer Beziehung zum Glaubens­schatz garnicht gewahr werden. Die schriftlichen Quellen zeigen einwandfrei, daß sie sich nicht auf das Wesen der Religion der Ungarn beziehen, sondern auf eine viel ältere Schichte mythologischer Elemente. Die reichste Quelle der Religion der Altungarn ist die ungarische Sprache. Der aus Mythologie und Religion der Epoche vor der Landnahme stammende Wortschatz ist so reich, daß er — wie Gyula László schrieb — „zu einer vollständigen Über­setzung der ganzen Bibel reichen würde". Diesen Wortschatz hat jedoch das Christentum beschlag­nahmt (z. B. die Begriffe Tsten = Gott, áld = op­fern, egy-szent = heilige, „regök's", den Kult der „Boldogasszony" (Heilige Jungfrau) usw.). Eben weil die Wörter unserer Urreligion im Christentum mit verändertem Inhalt weiterlebten, hat die Sprache kaum die Begriffe der Urreligion bewahrt. Dieses Sprachenmaterial umspannt mehrere Epochen (László 1976, 618, 625; PATS 1975, 30, 38; KÁLMÁNY 1885; Németh 1911, 242-43). Ein solcher Prozeß ist nicht ohne Beispiel. Der Urglaube der Russen hat sich auch derart mit dem Christentum vermengt, daß seine Elemente kaum zu erkennen sind. Um nur einige Beispiele zu nennen: das Zusammenfallen der alten und neuen Feiertage, die Übertragung der Attribute der uralten slavischen Götter auf die ersten slavischen christlichen Heiligen. Und während die christlichen Missionäre die „obere Schichte der Mythologie" zu verwischen trachteten, blieb die,,untere mythologische Schichte", der frühere Gesellschaftsordnungen charakterisierende Glaubens­schatz umso fester bestehen (TOKAREV 1976, 278). Bei dem zum Niveau der Staatsgründung emporge­stiegenen Völkern erscheinen Religionen und Mytho­logien mit einem Gott oder mehreren Göttern. Außer der Religionsbildung charakterisiert diese Völker auch die Institution eines sakralen Königtums (VOIGT 1976, 82; HAHN 1968, 42-45; TOKAEEV 1976, 201-202; Katona-Ecsedy 1970, 37-38). Wir wissen, daß die Ungarn der Landnahmezeit ihr zweifaches Fürsten­tum dem Kasarischen Vorbild entnahmen. Wir finden bei ihnen, gleichzeitig mit dem Kultus des als heilig verehrten Fürsten und mit der Mythologie, Elemente der Religionen und des Glaubensschatzes der sich dem Magyarentum angeschlossenen Völker, sowie überlebende Traditionen der vorreligiösen, bzw. vormythologischen Epoche. Als Glaubensvorstellungen der angschlossenen Völker erwähnen wir in erster Linie die mohameda­nischen und jüdischen Elemente der Religion der Kabaren. Außer diesen Religionen hat jedoch auch das Christentum Spuren bei den damaligen Magyaren hin­terlassen (Kreuz auf der Taschenplatte aus Bezdéd), und vielleicht sogar die Religionen von Iran ihren Beitrag geleistet (Figur des Pfaudrachens an der Taschenplatte aus Bezdéd, Feuerkultus, Kampf der Finsternis mit dem Lichte in der Legende des Hl. Ladislaus). Es ist eine andere Frage, welche archeolo­gischen Spuren diese Religionen hinterlassen haben und wie ihre Wirkung bei den Ungarn des 10. Jahr­hunderts zu erforschen ist. Laut unseren bisherigen Erfahrungen gibt es geringe Chancen, die dogmati­schen Religionen archeologisch zu beobachten. Wir können uns hauptsächlich auf die häufiger vorkom­menden, als Amulette gebrauchten Kreuze (Kivi­koski 1965, 35), oder auf die hebräischen Inschrif­ten, vielleicht einen schützenden Text führenden Schmuckstücke (Kiss 1970, 341) und Kreuzdarstel­lungen verlassen. Neben den oberen Schichten der Mythologie der Landeseroberer lebten in den unteren Schichten zahl­reiche vormythologische Traditionen weiter. Unter diesen ist als erster der Schamanismus zu nennen. Der Volksgebrauch, die Glaubenswelt und die Volksdichtung haben bis zu unserer Zeit zahlreiche Einzelheiten des heidnischen Schamanismus bewahrt oder neugestaltet, aus denen der Schamanismus der Landnahme-Zeit in großen Zügen rekonstruiert wer­den konnte (DIÓSZEGI 1958). Vilmos Diószegi hatte noch vermutet, daß das schamanistische Welt­bild die Weltauffassung der heidnischen Ungarn be­stimmte. (DIÓSZEGI 1967, 8 — 9). Heute wissen wir, daß die Schamanen nur für kleine Gruppen, höchstens für eine Sippe YOTI Bedeutung waren (VOIGT 1976, 82, 91), obzwar wir einige berühmte, fast als Ober­priester verehrte Schamanen kennen (Bokolabra der berühmte Schamane der Avarén, Ata kam bei den Hunnen, Hauptschamane der Karluken). Der Scha­manismus ist eigentlich keine Religion. Er erscheint bereits bei den sammelnden Völkern, er spiegelt den Entwicklungsgrad der frühen neolitischen Gesell­schaft und wird schließlich von der Produktionswirt­schaft beseitigt (VOIGT 1976, 84-88; HAHN 1968, 76

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