Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
Gyula Viga: Spezifische Geräte zur Zubereitung der Schneckennudeln bei den Ungarn
Abb. 2.: Aus Schilfrohr angefertigtes Riet zum Schneckenmachen (Eger) Zur Zubereitung der Schneckennudel versammelten sich zuweilen bis zu 50—60 Frauen und Mädchen verschiedenen Alters. Es handelte sich hierbei vor allem um Nachbarn und Verwandte, doch herrschte stellenweise der Brauch, daß jede, zur Hochzeit eingeladene Familie bei dieser Arbeit vertreten war. Die Teilnehmerinnen nahmen je einen Teller Mehl oder 10—20 Eier mit sich, um zu den Ingredienzen beizutragen. Gewöhnlich brachte jede ihr eigenes Gerät zum „Schneckenmachen“ zur Arbeit. Anläßlich des Schneckenmachens wurden die Räumlichkeiten der Wohnung ausgeräumt und mit ausgeborgten Möbeln (Tischen, Stühlen, Bänken) der Nachbarn eingerichtet. Die Arbeit ging nach einer bestimmten Ordnung vor sich. Einige der Frauen kneteten den Teig, andere streckten sie aus und zerstückelten sie, während die Mehrheit die Schnecken formte. Die fertigen Nudeln ließ man trocknen und kochte sie am Vortag der Hochzeit in Wasser aus. Gewöhnlich wird nämlich diese Teigsorte in Ungarn nicht in der Suppe, sondern im Wasser gekocht; die heiße Suppe wird dann darauf gegossen (Hegyi 1964, 375). Im Laufe der Arbeit bewirteten die Hausleute die Frauen mit Gebäck und Wein, doch wurde ihnen manchenorts ein üppiges Abendmahl aufgetischt. Während der Zubereitung der Nudeln unterhielten sich die Frauen und sangen Lieder. Für junge Mädchen war das Schneckenmachen ein wichtiger Schauplatz des Erwachsenwerdens, wo sie von den älteren vieles hörten und lernten. Am Ende der Arbeit erschienen oft die Burschen und Männer (Szendrey 1938a, 129; 138b, 281; Viga 1984, 115). Sie brachten häufig auch Musikanten mit sich und die Arbeit endete mit einem Tanz, wie man im Hajdúság Gebiet sagte: die Schnecke (das Ende der Schnecke) wurde zertreten (ÚMTSZ, I, 819; Trencsény 1894, 256; Bóka 1931, 98; Ecsedi 1935, 46). Mit einiger Wahrscheinlichkeit ist anzunehmen, daß das Vorhandensein der dekorierten Geräte zum Schneckenmachen auch mit dem Umstand zusammenhängt, daß sie im allgemeinen anläßlich der angeführten Kollektivarbeiten benützt worden sind. Auch ist es kein Zufall, daß die verzierten Stücke nur dort erscheinen, wo die gemeinsame Schneckenzubereitung gebräuchlich war. Die meisten dieser Gegenstände waren Liebesgaben, die im Laufe der Kollektivarbeit der Frauengemeinschaft eine spezifische Funktion hatten. Heutzutage erscheint die Schneckennudel auch bei den Markthändlern, die sie zusammen mit anderen Teigwaren, Molkereiprodukten und sonstigen Waren feilbieten. Auch städtische Hausfrauen kaufen oft die Schneckennudeln von Bekannten vom Lande oder durch deren Vermittlung. Auch frühere Traditionen dieser Gewohnheit sind nachweisbar. In den 1930er Jahren wurden auch auf dem Markt von Debrecen Schneckennudeln verkauft (Ecsedi 1935, 46), doch wissen wir auch von hausierenden Nudelhändlerinnen aus Preßburg und Arad (Tolnai 1935, 128). Aus Arad berichtet Vilmos Tolnai von hausierenden Frauen, die die Schneckennudeln und sonstige Teigwaren für den Winterbedarf der Hausleute an Ort und Stelle anfertigen (1935, 128). Die Frauen aus den Dörfern des Bükk- Gebirges verkauften ihre Nudeln auf den Märkten von Eger, Mezőkövesd und Miskolc. Trotz der hier angeführten Angaben müssen wir all dies für eine neuere Erscheinung halten, für eine Begleiterscheinung der neuzeitlichen Arbeitsteilung zwischen Dorf und Stadt, zumal die Bäuerinnen schon immer abgeneigt waren, nicht selbstgeknetete Nudeln in die Suppe zu geben. Des-Abb. 3.: Aus Schilfrohr angefertigtes Riet zum Schnekenmachen (Eger) 260