Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
László Novák: Haufendörfern im Nordwesten der Grossen Ungrischen Tiefebene
vermessen. Die Feldgärten waren dem Untergang geweiht (etwa 500 „Hütten“ verschwanden allmählich), das umfangreiche Gebiet sollte im Dreijahrsystem bewirtschaftet werden. Infolge der weiten Entfernungen war aber das Vorhaben zum Scheitern verurteilt, deshalb durften die Besitzer von mehr als 2/8 (ein Viertel) eines Fronhofes auch weiterhin die Feldgärten und Gehöfte benützen und frei wirtschaften, während den Besitzern von einem Viertel oder Halbviertel die gebührenden Felder im unweiten nördlichen Flurteil nach dem Dreijahrsystem zugewiesen wurden. Durch die bis 1818 beendete Flurregelung erfuhr das ursprüngliche Siedlungssystem von Cegléd keine grundlegende Veränderung, und auch die Regelung der Stadt im Jahre 1844 veränderte es nicht. Im Unterschied zu Nagykőrös, wo ein Bauer sowohl im Stadtinneren wie auch im äußeren Flurteil je einen „Garten“ besitzen durfte, war dies in Cegléd nicht möglich. Den Gehöftbesitzern wurden die Intravillangärten weggenommen, während die sog. Viertelbauern (s. oben), da sie kein Feld in der äußeren Flur besitzen konnten, die sog. Stallgärten am Stadtrand benützen durften.(61) Zu den Marktflecken mit umfangreicher Flur ist auch die privilegierte jazygisch-kumanische Siedlung Szabadszállás zu zählen die im 16.—17. Jh. nicht zerstört wurde. Infolgedessen konnte sich ihre Siedlungsstruktur den ökologischen Bedingungen entsprechend gesetzmäßig und frei entwickeln. Schon aus dem 17. Jh. haben wir Beweise für das Gartensystem des inneren Siedlungskerns.(62) Auch die nachteilige Rechtslage gegen Ende des 17. und Anfang des 18. Jh. konnte daran nichts ändern. Obschon in Hörigkeit geraten, konnten die Einwohner ihre Leistungspflichten gegenüber dem Deutschen Ritterorden als Gutsherrn in einer Summe ablösen. Auch in den Jahren nach der Redemption 1745 waren im Siedlungssystem und in der Betriebsorganisation keine wesentlichen Änderungen zu verzeichnen. Obgleich die von der Redemption betroffenen Bauern von Szabadszállás die höchst fruchtbaren Felder im westlichen Teil der Flur in drei Kalkaturen benützen konnten, blieben die „Herbergen“ (ung. szállás) entlang des Kígyós-Baches auch weiterhin erhalten. Diese Felder bildeten praktisch den vierten Teil der Fruchtfolge; da sie am Saatwechsel und an der Neuverteilung beteiligt waren; es konnten hier ständige Betriebsstellen, Herbergen, Ladeplätze und Tennen erhalten bleiben. Ihre Funktion entsprach den sog. Feldgärten; sie sind als originale Formationen anzusehen. Zusammen mit den inneren „Stallgärten“ waren diese Außenstellen organische Bestandteile der örtlichen Betriebsorganisation. Getrennt von den Häusern — nunmehr vor Hochwasser geschützt —, hielt man den zum Alltagsleben erforderlichen Viehbestand; dieses wichtige Betriebszentrum wurde durch den entlegenen „Feldgarten“ ergänzt. In Szabadszállás wurde die Flurbereinigung im Jahre 1812 beendet. Die auf der Saatfolge beruhende Ordnung der Flurnutzung — Rotation und Neuverteilung der Felder — wurde abgeschafft und so konnten — ebenso wie die früheren „Herbergen“ — die Betriebsstellen und Gehöfte nun auch auf dem stabilen Grundbesitz errichtet werden. Gleichzeitig hörte auch das Gartensystem im Dorfinneren auf; die Gärten wurden aufgeteilt, um als Baugrund für Wohnhäuser zu dienen.(6S) Einigermaßen ähnlich ist auch die Siedlungsstruktur der Ortschaften in der Gegend von Kalocsa. Die inneren Liegenschaften der kleineren Dörfer (Foktő, Úszód, Szeretnie, Szentbenedek, Ordas) waren gartenmäßig, die Felder wurden im Fruchtfolgesystem bestellt. Je einem Dorf gehörten aber auch mehrere „Feldgärten“ an, wo je nach Bedarf notwendigerweise auch Herbergen (Gehöfte) entstanden.^4) In der Mehrheit der Ortschaften mit kleinerer Flur, die entweder die Verheerungen der Türkenzeit überstanden oder sich vorübergehend entvölkert hatten und sodann neubesiedelt wurden, ist die Siedlungsstruktur gartenmäßig. Auch die Bevölkerung von Abony mußte im 17. Jh. die Flucht ergreifen. In der Flur der auflebenden Ortschaft finden sich zwar auch „Feldgärten“, doch mit der Erstarkung der Siedlung, unter unmittelbarer Leitung des Gutsherrn, benutzen die Leibeigenen ihre Felder schon im Saatfolgesystem — zu Beginn des 18. Jh. noch in zwei, in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts schon in drei Kalkaturen, wodurch das Funktionieren der äußeren Betriebsstellen, der „Feldgärten“, unmöglich wurde.(,15) Das wichtigste Betriebszentrum des Siedlungssystems war der „Garten“, getrennt von der haufenmäßigen Masse der Wohnhäuser. Die wieder auflebenden Ortschaften entwickelten sich auf natürliche Weise, gemäß den Geländeverhältnissen und den Erfordernissen der Wirtschaft: die „Wirtschaftsgärten“ wurden, von den Wohnhäusern getrennt, an geschützter Stelle angelegt und dienten als Zentrum der Bewirtschaftung der weniger umfangreichen Flur. Ein anschauliches Beispiel ist das Siedlungssystem von Tass. Die Ortschaft Alberti wurde um 1711 vom Gutsherrn Márton Szeleczky mit ungarischen und slowakischen Siedlern neubesiedelt. Bei der Konskription 1715 wurden 35 Leibeigene und 8 Häusler registriert. Bis 1760 stiegen diese Zahlen wesentlich an: es lebten im Dorf bereits 197 Leibeigene, 7 Kleinhäusler (mit Wohnhaus) und 4 Einlieger (ohne Wohnhaus).66 Laut Konskription 1728 war die Flur von Alberti gemäß Saatwechsel in zwei Teile aufgeteilt, als dritter kamen die in der Puszta Dános gepachteten Felder hinzu.(67) In einer Erklärung aus dem Jahre 1768 heißt es, die Felder werden im Zweijahrsystem bestellt, die dritte Kalkatur entfällt auf die Flur von Dános. Laut Antworten auf einschlägige Fragepunkte war das Verhältnis der Leibeigenen in Alberti zu ihrem Gutsherrn durch kein Urbárium geregelt, vielmehr waren ihre Verpflichtungen in einem Kontrakt festgelegt. „Nachdem unsere Gutsherren die Flur unter sich in zwei Teile aufgeteilt haben, teilten sie auch die Ackerfelder unter uns auf. Nach dieser Teilung zahlen wir die Steuern nicht mehr für unsere Ochsen oder Zugpferde, sondern für unsere Felder” — je nach Größe derselben 3, 2 oder 1 Gulden, bzw. der „im Hause eines anderen wohnende Beisasse“ 50 Denar.(68) Eine höher entwickelte Form des Grundstücksystems der Leibeigenschaft existierte also in Alberti damals noch (61) Novák, László 1982. (62) Novák, László 1986a; Vgl. Kocsis, Gyula 1974. (63) Novák, László 1986a. (64) Bárth, János 1974, 228—230. (65) Novák, László 1979, 480. (66) Novák, László 1979, 564—565. (67) Novák, László 1979, 480. (68) Wellmann, Imre 1967, 304. 181