Gunda Béla et al. (szerk.): Ideen, Objekte und Lebensformen. Gedenkschrift für Zsigmond Bátky - István Király Múzeum közelményei. A. sorozat 29. (Székesfehérvár, 1989)
László Novák: Haufendörfern im Nordwesten der Grossen Ungrischen Tiefebene
Abb. 4.: Gewanne der Gemeinde Irsa (im südlichen Teil der Ortschaft umfangreiche Parkanlagen und Herrensitze der Gutsbesitzerfamilien Irsay und Szabó) In folgenden möchten wir an Hand der Urbarialschriften die siedlungsethnographischen Verhältnisse einiger Haufendörfer mit Gärten schildern, um den Prozeß zu veranschaulichen, wie diese Siedlungsstruktur, die unter den Verhältnissen der Leibeigenschaft ihre funktionelle Bestimmung behalten konnte, auf natürliche Weise, der geographischen Umwelt — und infolgedessen dem Wirtschaftscharakter —- entsprechend entstanden ist. 4. Die Ungarn, die sich im Karpatenbecken niedergelassen haben, lebten in einem stabilen Siedlungsgefüge: wie auch durch die Gesetze von König Stephan I. bewiesen, bauten sie eine Kirche, die das Zentrum der Siedlungsorganisation darstellte. Zum Siedlungszentrum gehörte jeweils ein auswärtiges Gebiet, wo die Siedlungsbewohner wirtschafteten, das Vieh hüteten, diesem das Futter für den Winter besorgten und die Felder bestellten. Die sich seit dem 14. Jh. entwickelnde Institution der Leibeigenschaft ließ die tiefländischen Siedlungen in ihren Grundlagen unberührt, da sich der Gutsherr noch nicht auf die Privatwirtschaft eingerichtet hat, während seine Leibeigenen ihre Fronleistungen in einer Summe ablösen konnten (Censuales Verhältnis). Auch die türkische Okkupation im 16. Jh. begünstigte nicht die Stabilisierung der Baugrundverhältnisse der Leibeigenschaft, wie dies im königlichen Ungarn außerhalb des besetzten Gebietes geschah. Trotz der Verwüstungen konnte sich die Entwicklung der Siedlungen, namentlich die Organisierung der Dörfer und Marktflecken, bis Ende des 17. Jh. den natürlichen wirtschaftlichen Gesetzmäßigkeiten und landschaftlichen Beschaffenheiten entsprechend vollziehen^56) Bei den tiefländischen Siedlungen, die sich seit Ende des 17. Jh. wieder bevölkerten, ist ein grundlegender Unterschied zu machen zwischen den Marktflecken mit großer und den Dörfern mit kleinerer Flur. Der entscheidende Faktor in der Entwicklung der Siedlungsstruktur bestand im Siedlungssystem und in der Betriebsorganisation, beide bestimmt durch die sozio-ökonomische Entwicklung. (56) Vgl. Novák, László 1978; Novak, László 1986a. 176