Anders Alexandra – Lőrinczy Gábor szerk.: A Móra Ferenc Múzeum Évkönyve: Studia Archaeologica 12. (Szeged, 2011)
RÉVÉSZ László: 11. századi temető Karcsa-Kormoskán
II. századi temető Karcsa-Kormoskán GRÄBERFELD DES 11. JAHRHUNDERTS IN KARCSA-KORMOSKA László RÉVÉSZ Das Gräberfeld liegt auf einem der N-S ausgerichteten Sandhügel, die das westliche Ufer des Flusses Karcsa, der heute schon verschlammt ist, begleiten. Das Gräberfeld mit 107 Gräbern kann als vollständig freigelegt angesehen werden, die Anzahl der einstigen Gräber war aber sicherlich höher. Die intensive Landwirtschaft hat den Hügel über dem Gräberfeld deutlich verkleinert, was daran zu erkennen ist, dass die meisten Gräber in einer Tiefe von nur 30-50 cm unter der heutigen Oberfläche lagen. Es gab kaum eine Bestattung, die nicht vom Pflug mehr oder weniger beschädigt war. Ein Teil der Kindergräber, die ursprünglich wohl eine flache Grabgrube hatten, ist sicherlich infolge der Landwirtschaft spurlos verschwunden. Die Anzahl der Erwachsenen scheint ausgeglichen zu sein: 35 Frauen und 36 Männer wurden bestimmt, zu denen 7 Jugendliche (juvenil) und 11 Kinder (infantil) gehörten. Bei 18 Individuen konnte das Geschlecht nach den Skelettüberresten, die zur Verfügung standen, nicht bestimmt werden (Abb. 14. 1). Die Zahl der verstorbenen Säuglinge und Kinder konnte, wenn man von deren Anteil bei anderen ehemaligen Gräberfeldern ausgeht, zwei- oder dreimal so groß gewesen sein. Betrachtet man die Karte des Gräberfeldes, fällt auf, dass die Gräber keine Reihen, sondern eher Gruppen bildeten und jeweils um eine grablose Stelle angeordnet waren. Von winzigen einfachen Perlen abgesehen besteht das Fundmaterial des Gräberfeldes von Karcsa ausschließlich aus Gegenständen, die am Anfang des 11. Jh. auftreten und bis zum ersten Drittel des 12. Jh. in Gebrauch bleiben. Es ist also unwahrscheinlich, dass das Anlegen des Gräberfeldes bis ins 10. Jh. zurückreicht. Aus dem Fundmaterial des Gräberfeldes von Karcsa weist nichts, nicht einmal eine vage Spur, auf den Nachlass eines früheren Jahrhunderts zurück. Die Münzen aus den Gräbern bieten ebenfalls keinen ausreichenden Anhaltspunkt für die genauere Bestimmung der Anlage und Nutzungsdauer des Gräberfeldes. Im Kreise der Familien, die ihre Verstorbenen hier bestatteten, war der Brauch der Obolusbeigabe weder durchgängig vorhanden noch allgemein üblich auf die Periode, die mit der Münze Béla dux gekennzeichnet ist (1048-1060), folgt eine 27 Jahre lange oder eher noch längere Pause. Infolgedessen weiß man nicht, wie viele Jahre nach der Herausgabe die Münze, die König Béla I. noch als Herzog prägen ließ, in die Erde gelangte. Ganz davon zu schweigen, dass es gar nicht sicher ist, dass das Grab, in dem die Münze lag, zu den ersten angelegten Bestattungen des neu eröffneten Gräberfeldes gehörte. Das Gleiche gilt auch für den Zeitpunkt der Aufgabe des Gräberfeldes: Dies konnte während der Periode stattgefunden haben, in der die jüngste Münze herausgegeben wurde — in der Herrschaftszeit von König Kálmán (1095-1116) — aber auch Jahrzehnte später. Die archäologischen Funde an sich machen also die genaue Bestimmung der Nutzungszeit des Gräberfeldes nicht möglich. Diese Periode kann, bezogen auf die beiden Eckdaten, in eine Phase von 1030/40 bis 1120/30, also in einen 80 bis 100 Jahre langen Zeitraum, aber auch in eine kürzere, 50-60 Jahre lange Zeitspanne zwischen 1050/60 und 1110/20 gelegt werden. Aufgrund des Gesamtbildes des Fundmaterials und der Grabanzahl halte ich persönlich die zweite Möglichkeit für wahrscheinlicher. Es ist aber ganz offensichtlich, dass das Gräberfeld von Karcsa hinsichtlich seiner Chronologie nicht in das System von Béla Szöke, das auf einer Dreier-Gruppierung basiert, eingeordnet werden kann (SZŐKE 1962, 28-35). Es gehört zu Gräberfeldern mit stetig wachsender Freilegungsanzahl (Pusztaszentlászló, Tiszalúc etc.), die in der Mitte des 11. Jh. eröffnet und am Anfang des 12. Jh. aufgegeben wurden. Nach der Lage und Gruppierung der Gräber bin ich der Meinung, dass die Bestattungen an mindestens vier Stellen gleichzeitig begannen und diese Grabgruppen vermutlich Mitgliedern jeweils einer Familie dienten. In den Bestattungs- bzw. Trachtbräuchen dieser Gruppen können auch kleine Unterschiede hinsichtlich der Obolusgabe für die Toten und des Tragens von Ringen oder Perlen nachgewiesen werden. Die meisten Beigaben enthielten Gräber bzw. Gruppen im östlichen und südlichen Teil des Gräberfeldes, weniger Beigaben fanden wir in der nördlichen Gruppe, die Bestatteten im westlichen Abschnitt des Gräberfeldes wiesen eine Fundarmut auf. Das archäologische Material des gesamten Gräberfeldes besteht aus verhältnismäßig eintönigen Gegenständen, die in der gleichen Periode benutzt wurden. Deshalb haben wir weder im Gräberfeld noch innerhalb der einzelnen Gruppen die Möglichkeit einer feineren Gliederung. Auch die anthropologischen Daten liefern keine Anhaltspunkte. Nach unserer Diskussion gehen wir davon aus, dass die Dorfgemeinde, die das Gräberfeld benutzte, aus vier Familien bestand. Rechnet man jährlich mit zwei Verstorbenen, wurde das Gräberfeld über einen Zeitraum von 50-60 Jahren von den Familien genutzt. Darüber, ob die Verstorbenen heidnisch oder christlich waren, über ihre Lebensweise, ihren Vermögensstand verraten die Funde kaum etwas. Wir fanden insgesamt 109,77 Gramm Silberschmuck in den Gräbern, dies entspricht einem Gewicht von 161,5 Szent László-Denaren. Auf jeden Bestatteten im Gräberfeld kamen 1,0258 Gramm Silber. Dies ist eine Menge, die ähnlich auch in anderen ehemaligen Gräberfeldern nachgewiesen werden konnte. Ein ins Auge springendes „reiches" Grab gibt es im Gräberfeld nicht, der Verstorbene des Grabes 61 ragt mit seinen vier Haarringen mit S-Schleife, 11 Fluoritperlen und seinem geflochtenen Silberring etwas aus den anderen Bestattungen heraus. Der Grund für die Aufgabe des Gräberfeldes von Karcsa ist mit einem Ereignis verbunden, das im ganzen Land nachgewiesen werden konnte und die Nutzung ähnlicher Dorfgräberfelder beendete: Nach den Anordnungen der Könige László und Kálmán beerdigte die kleine Gemeinde ihre Verstorbenen fortan auf dem Kirchhof. In diesem Fall wäre es schwierig, die nahe Kirche in Karcsa, die kaum mehr als 1 km entfernt liegt, nicht zu berücksichtigen. Ihre erste schriftliche Erwähnung stammte zwar erst aus dem Jahr 1187, nach den kunsthistorischen Untersuchungen wurde sie 541